Früher behielt man Möbel ein Leben lang, heute richten sich die meisten Menschen bei jedem Umzug neu ein. Die Konsequenz: Pro Person fallen in Deutschland im Schnitt jedes Jahr 37 Kilo Sperrmüll an. Das schnelle Kaufen, Wohnen und Wegwerfen geht nur auf, weil Möbel immer günstiger werden. Und wie Recherchen in der Vergangenheit immer wieder offengelegt haben, zuletzt diese Arte-Doku über Ikea, passiert das oft auf Kosten der Umwelt: Wälder werden gerodet und Emissionen durch weite Transportwege freigesetzt. Aber können günstige Möbel auch nachhaltig sein? Das Möbellabel Room in a Box verspricht, dass das möglich ist.

Was ist der Ansatz von Room in a Box?

„Der hat 20.000 Hübe mit einem Plastikarsch mit 80 Kilo standgehalten“, sagt Dissen und bietet an, zum Interview auf einem Hocker Platz zu nehmen. Das muss erwähnt werden – denn der Hocker besteht nur aus Papier. Gerald Dissen und sein Geschäftspartner Lionel Palm wollten nachhaltige Möbel gestalten, die günstig sind und beim Umziehen kein Klotz am Bein. Ihre Idee: Möbel aus Pappe bauen. 2013 gründeten Dissen und Palm das Möbellabel Room in a Box, finanziert durch ein Berliner Gründerstipendium. Ihren ersten Prototypen, ein faltbares Bett, ließen sie von Christian Hilse, einem befreundeten Verpackungsingenieur, in der Gründerwerkstatt der Beuth Hochschule  bauen. Lediglich zwei Sekunden dauert es, das Bett 2.0 aufzubauen, verspricht RIAB. Und genauso schnell ist es auch wieder zusammengefaltet. 

Die beiden Gründer Gerald Dissen und Lionel Palm. Bild: Room In A Box.

Bei ihrer Gründungsidee hatten Dissen und Palm, damals noch Studenten, Menschen wie sich selbst vor Augen: Von einem Studienort zum nächsten ziehend, von einer Zwischenmiete in die andere. Sie entwickelten also ein Bett, das sich ans großstädtische Nomadenleben anpassen sollte. Auch wenn das Bett immer noch das Herzstück der Marke ist, bietet RIAB mittlerweile weit mehr: Stühle, Tische, Lampen und Regale, alle aus Wellpappe. Mehr als 10.000 ihrer Pappmöbel, die zwischen 20 und 300 Euro kosten, verkauft RIAB mittlerweile im Jahr.

Wie werden die Möbel produziert?

Gelesene Zeitungen, Umzugskartons, Klopapierrollen: Papier hat sich als fester Bestandteil der Wegwerfmentalität etabliert. Wer würde da freiwillig auf Pappe schlafen? „Wir wollen das Image von Pappmöbeln weiter nach vorne bringen“, sagt Dissen, „sie quasi gesellschaftsfähiger machen.“ Denn Wellpappe sei nicht nur leicht und günstig, sondern auch besonders nachhaltig: kurze Lieferwege, wenig Materialien und recyclingfähig.

Dieser Hocker hat 20.000 Hübe mit einem Plastikarsch ausgehalten. Bild: Carmen Mailwald

Wellpappe besteht aus fünf miteinander verklebten Papierschichten: Außendecke, Wellenstoff, Innendecke, Wellenstoff, Außendecke. Diese Konstruktion macht es überhaupt möglich, dass man auf einem Pappbett schlafen kann, sie gibt der Pappe ihre notwendige Stabilität. Room in a Box verwendet für die Möbel Wellpappe, die aus einer Fabrik in Süddeutschland stammt. „Wir haben uns für die Standardqualität von Schwerlastpappe entschieden, die es schon auf dem Markt gab und für uns passend war. Nur so können wir es überhaupt möglich machen, dass wir Möbel aus lokalen Materialien in Deutschland herstellen und für rund 100 Euro verkaufen.“ Die Pappe bestehe zu 54 bis 80 Prozent aus recyceltem Papier, das aus Altpapier aus Deutschland gewonnen werde. Der Rest sei aus frischen Fasern aus FSC-zertifizierten Wäldern in Europa. Der Leim, mit dem die fünf Schichten zusammengehalten werden, bestehe aus Kartoffel-, Mais- oder Weizenstärke. Die komplette Pappe und auch die Farben seien alle für den Lebensmitteleinsatz zertifiziert. Heißt: Keine Schadstoffe. „Von unseren Betten könntest du theoretisch essen“, sagt Dissen.

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