Was ist das Problem?

Wer in der Stadt wohnt, kennt den Smalltalk über den angespannten Wohnungsmarkt. Früher oder später wird dabei häufig über alte Mietverträge gesprochen, als seien es limitierte Tickets für einen exklusiven Club. Und tatsächlich ist das gar nicht so falsch. Denn wer schon lange in derselben Wohnung lebt, zahlt in der Regel deutlich weniger Miete als der Rest der Mieter:innen.

Das allerdings hat Konsequenzen für den gesamten Wohnungsmarkt. Ökonom:innen sprechen von einem “Lock-In-Effekt”. Viele Mieter:innen bleiben in ihren Wohnungen wohnen, weil ein Umzug für sie eine höhere Miete bedeuten würde. In vielen Fällen macht selbst der Umzug in eine kleinere Wohnung wirtschaftlich wenig Sinn, weil sie im Zweifel sogar teurer ist als die größere Wohnung mit einem alten Mietvertrag. Das führt dazu, dass viele Menschen in eigentlich viel zu großen Wohnungen wohnen – und dieser Platz dann an anderer Stelle fehlt. Vor allem junge Familien und Menschen mit Migrationsgeschichte leben oft in Wohnungen, die eigentlich zu klein für sie sind. Umgekehrt werden viele große Wohnungen von alleinstehenden Senior:innen bewohnt.

6,5 Prozent der mietenden Haushalte in Großstädten wohnen laut einer Studie des IW Köln beengt. Sie leben in Wohnungen, in denen nicht für jede Person im Haushalt rechnerisch ein Raum zur Verfügung steht (Beispiel: Das Paar mit einem Kind, das in einer 2-Zimmer-Wohnung lebt).

6,2 Prozent der mietenden Haushalte in Großstädten haben laut der selben Studie sehr viel Platz. Sie leben in Wohnungen, in denen die Zahl der Zimmer die Zahl der Haushaltsmitglieder um drei und mehr überschreitet (Beispiel: der Single-Haushalt in einer 4-Zimmer-Wohnung).

Was ist der Ansatz des Wohnungstauschs?

Es liegt auf der Hand: Wenn einige Menschen zu wenig Platz haben und andere zu viel, wieso tauschen sie dann nicht einfach? Das würde nicht nur den Wohnungsmarkt entspannen. Es wäre auch deutlich nachhaltiger, den bestehenden Wohnraum passender zu verteilen, als das Problem allein über den Bau neuer Wohnungen zu lösen, deren Bau extrem CO2-intensiv ist. Theoretisch also eine super Idee.

Praktisch kann man seine Wohnung schon heute mit Bekannten oder Fremden tauschen, wenn die Vermieter:innen mitmachen. Allerdings können diese dann eine höhere Miete verlangen. Der Tausch ist im Zweifel also genauso teuer wie ein normaler Umzug. Aber was, wenn zwei Haushalte nicht nur die Wohnungen, sondern auch die bestehenden Mietverträge tauschen könnten? Diese Idee haben die Grünen in der Vergangenheit diskutiert. Zuletzt setzte sich die Linkspartei im Bundestag dafür ein. Deren baupolitische Sprecherin Caren Lay fordert ein Recht auf Wohnungstausch zu den bestehenden Konditionen. Sie sagt:

»Das würde das Tauschen für die Mietenden deutlich attraktiver machen und könnte den Wohnungsmarkt entspannen.« Caren Lay, baupolitische Sprecherin (Linke)

Zudem glaubt sie, dass ein solches Recht bei vielen Menschen auf Zustimmung stoßen würde. “Während wir uns mit vielen Forderungen zur Wohnungspolitik nicht durchsetzen können, wird der pragmatische Vorschlag zum Wohnungstausch öffentlich gut angenommen.“

Ausschnitt Grafik IW-Kurzbericht 5/2023: Mismatch im Wohnungsmarkt

Ist die Idee sinnvoll, machbar und realistisch?

Darüber hat Flip-Autor Lorenz Jeric mit der Bundestagsabgeordneten Caren Lay gesprochen, die für die Linksfraktion ein Konzept zum Wohnungstausch erarbeitet hat.

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