Was ist das Problem?
“Jedes Jahr landen 50.000 Tonnen alter Pfannen im Müll”, heißt es einem Spot vom Start-Up Olav, der auf Instagram bereits mehr als 800.000 Menschen erreicht hat. Auf der Website steht außerdem, dass das Altmetall der Pfannen “oft nicht recycled werden kann”.
Die Message ist: Wir haben ein Müllproblem. Und Olav kann es lösen!
60 Millionen Pfannen werden laut Olav jährlich in Europa weggeschmissen. Das entspreche 50.000 Tonnen.
Was ist der Ansatz von Olav?
Olav verspricht: Eine Pfanne fürs Leben. “Wir stoppen die Wegwerfgesellschaft”, heißt es in der Instagram-Kampagne. Die Pfanne, die es ab 129 Euro gibt, soll besonders haltbar sein. Außerdem bietet Olav für 35 Euro einen Wiederbeschichtungs-Service an. Ist die Pfanne zerkratzt, kann man die Beschichtung bei einem Partner-Unternehmen erneuern lassen. Auf Instagram erreicht Olav viele Menschen, die nachhaltig konsumieren möchten. Mehr als 70.000 “glückliche Kunden” hat das Unternehmen nach eigenen Angaben.

Auf die Idee für Olav sind die Gründer:innen Christina Neworal und Till von Buttlar gekommen. Christina Neworal hat an der Wirtschaftsuniversität Wien studiert, Till von Buttlar an der Otto Beisheim School of Management in Vallendar. Hinterher haben beide als Unternehmensberater:innen gearbeitet. Und schließlich die Olav-Bratpfanne entwickelt.
Auf der Website des Unternehmens klingt das nach einer hochkomplexen Angelegenheit. Sechs Monate habe man “mit Wärmebildkameras“ an unzähligen Materialien geforscht. Man sei nach New York gezogen, ins tiefste Brooklyn, um mit einem der “weltweit renommiertesten Produktdesign-Studios” zusammen zu arbeiten. Weitere elf Monate habe man mit einem „kleinen, genialen Team aus Ingenieuren” Entwicklungstests durchgeführt. Nur “die Besten der Besten” seien am Werk gewesen, heißt es in einer Präsentation des Unternehmens.
Herausgekommen ist, dagegen lässt sich wenig sagen, eine hochwertige Pfanne, mit der man anständig Spiegeleier braten kann. Nur: Was ist eigentlich so nachhaltig an der Pfanne? Gerne hätten wir darüber mit den Gründer:innen selbst gesprochen. Das hat, trotz wiederholter Nachfragen, nicht geklappt. Im einem Gespräch vor einigen Wochen sagte uns Olav-Sprecherin Katharina Ladstaetter:
»Der Nachhaltigkeitsaspekt ist eher daher gekommen, nicht immer Dinge wegzuschmeißen, sondern qualitativ hochwertige Produkte zu machen.«
»Es ist doch crazy, wie viele Pfannen in den Müll wandern, wenn Du das auf dein Leben hochrechnest.« Katharina Ladstaetter, Olav-Sprecherin
Auf den ersten Blick wirkt das überzeugend. Nicht nur in den sozialen Netzwerken. Das Start-Up hat den German Design Award gewonnen. Auf seiner Website fährt es bekannte Bio-Köche wie den Hamburger Sebastian Junge auf, der von Olav “begeistert” sei. Es klingt nach einer gelungenen Mischung: Eine richtig gute Pfanne, mit der man auch noch Gutes tut.
Was zunächst so überzeugend wirkt, wirft beim genaueren Hinschauen allerdings Fragen auf. Aber der Reihe nach.
Wie nachhaltig ist Olav?
Was steckt drin und wie gut lässt sich die Pfanne recyceln? Darüber hat Flip-Autor Leander Löwe mit verschiedenen Experten gesprochen. Die Olav-Gründer:innen haben uns schließlich schriftlich geantwortet. Weil es kaum möglich ist, die ingesamt 17-seitigen Ausführungen in diesem Newsletter wiederzugeben, haben wir uns entschieden, das Dokument zur vollen Transparenz hier zum Download zur Verfügung zu stellen.

1. Verursacht Olav das Recycling-Problem, das es es lösen will?
Beginnen wir mit der Zahl von 50.000 Tonnen alter Pfannen, die in Europa laut Olav jedes Jahr im Müll landen. Es ist die Zahl, mit der das Start-Up prominent auf Instagram wirbt, die das Problem belegen soll, das es lösen möchte. Aber woher stammt sie eigentlich? Die Pressesprecherin sagt im ersten Gespräch: “Wie viel Altmetall im Müll landet, das wird alle fünf Jahre erhoben, direkt von den Entsorgungsfirmen. Und die schlüsseln das auch so ein bisschen auf.” Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft weiß davon nichts. “50.000 Tonnen Pfannen-Altmetall ist aus unserer Sicht eine recht willkürliche Zahl”, sagt Sprecher Bernhard Schodrowski. Das Pfannen-Altmetall würden die Entsorger nicht gesondert erheben. Auch werde es, anders als von Olav kommuniziert, in der Regel aufwendig und nachhaltig recycelt.

Allerdings gibt es aus Sicht von Experten eine Einschränkung: Pfannen aus nur einem Material, etwa aus Eisen, kann man leicht einschmelzen und zu neuen Produkten verarbeiten. „Je weniger verschiedene Materialien in einem Kochgeschirr eingesetzt werden, desto leichter lassen sie sich recyceln“, sagt ein Sprecher des Umweltbundesamtes. Die Olav-Pfanne aber besteht aus einem Fünf-Schicht-System, einem Kupferkern, der von beiden Seiten mit Aluminium und Edelstahl ummantelt ist. Das Kupfer soll die Pfanne besonders wärmeleitend und das Alu sie besonders leicht machen. Dank des Edelstahls lässt sich die Pfanne auch auf Induktionsherden nutzen. Das mag zu einer tollen Brat-Performance führen. Ein Recycling wird aber schwieriger, denn man müsste die verschiedenen Schichten voneinander trennen.
»Irgendwann geht auch diese Pfanne den Weg alles Irdischen, dann kann man mit ihr nicht mehr viel anfangen.« Tristan Jorde, Verbraucherzentrale Hamburg
Olav selbst sieht das alles anders. In einer dem 17-seitigen Schreiben beigefügten Tabelle schlüsseln die Gründer auf, wie sie auf die Zahl von 50.000 Tonnen Pfannen-Abfall pro Jahr in Europa gekommen sind. Es handelt sich nicht um eine von einem wissenschaftlichen Institut oder einem Verband erhobene Zahl, sondern um eine eigene Hochrechnung. Gerechnet wird mit Zahlen, die zum Beispiel von der Internetseite www.top-pfanne.com stammen, vom Marktforschungsinstitut GfK und aus einem Artikel auf Focus Online, in dem “Höhle der Löwen”-Investor Ralph Dümmel damit zitiert wird, dass in Deutschland “circa 15 Millionen Pfannen” verkauft würden. Olav geht dann davon aus, dass für drei gekaufte Pfannen zwei weggeschmissen würden. Am Ende werden die Zahlen für Deutschland einfach auf ganz Europa hochgerechnet. “Das ist eine Milchmädchenrechnung mit ganz vielen verwegenen Annahmen”, sagt Umweltexperte Tristan Jorde, der sich die Tabelle angesehen hat.
Es ist wie so oft: Schaut man bei Olav etwas genauer hin, ist nicht alles so eindeutig, wie es scheint. Auf der Website wirbt das Unternehmen auch mit einem Zitat, unter dem das Logo des “Spiegel” steht. Es lautet:
»Olav legt einen top Auftritt hin: Liegt gut in der Hand, das Ei lässt sich leicht braten. Absolut perfekt.«
Liest man den Artikel selbst, wird aber klar, dass es sich nicht um ein Urteil des Spiegels handelt, sondern vor allem um die Bewertung eines Sternekochs, der die Pfanne für das Manager Magazin getestet hat. Sein “Absolut perfekt”-Zitat spiegelt auch nur eine vorläufige Bewertung wieder. In dem Artikel heißt es später: “Nach dem Braten gibt es aber auch Kritik an der beschichteten Olav-Pfanne“. So zeigten sich darin deutliche Kratzer, nachdem der Koch mit einem metallenen Pfannenwender zu Werke gegangen sei. Davon liest man auf der Olav-Website nichts.
Zurück zum 17-seitigen Schreiben von Olav. Die Gründer bestehen darin darauf, dass alte Pfannen oft nicht recycelt werden können. Diese Aussage sei “inhaltlich zutreffend”. Die eigene Pfanne könne hingegen durchaus recycelt werden, da die Metalle unterschiedliche Schmelzpunkte hätten. “Somit kann das Material im Schmelzverfahren aufgespalten und die einzelnen Bestandteile in flüssiger Form aufgefangen und einer Wiederverwendung zugeführt werden.” Dieser Prozess “werde auch aktiv praktiziert.” Tristan Jorde vom Verbraucherschutz Hamburg ist skeptisch: “Also in der Theorie geht diese Art der Trennung natürlich. In der Praxis passiert es in der Regel aber nicht.” Auch ein Sprecher des Umweltbundesamtes sagt: “Ein vollständiges Recycling eines Metallverbunds ist nur möglich, wenn verschiedene Metalle bereits bei der Schrottzerkleinerung und -sortierung voneinander getrennt werden.”
2. Hält die Pfanne ein Leben lang?
Vor allem aber legt Olav Wert darauf, dass die Pfanne ein langlebiges Produkt sei, “das eigentlich nicht dem Recycling zugeführt werden muss” So lautet ja auch das Kernversprechen mit dem Olav wirbt: “1 Pfanne fürs Leben”.

Nur: was bedeutet das eigentlich? Wie viele Jahre hält denn eine Olav-Pfanne mindestens? Und hat Olav eine Lebenszyklusanalyse erstellen lassen, die die Umweltauswirkungen des Produkts systematisch untersucht? Eine konkrete Mindestlebensdauer nennt Olav nicht. Eine Lebenszyklusanalyse legt es auch nicht vor. Die Pfanne sei aber robust. “Dies liegt daran, dass der Körper der Pfanne rein mechanisch aufgebaut ist, indem eine Scheibe des 5-Schicht Materials in einem mechanischen Prozess in die finale Form gepresst wird.”
Ob die Olav-Pfanne nun aber wirklich länger als andere Pfannen hält, gar ein Leben lang, wie das Start-Up in seiner Werbung verspricht, ist unklar.
3. Und was ist mit der (Wieder-)Beschichtung?
Bleibt noch das letzte Nachhaltigkeits-Versprechen von Olav: Die Möglichkeit, eine zerkratze Pfanne wieder beschichten zu lassen. Die Idee ist nicht neu. Wiederbeschichtungen werden in der Branche schon seit mehr als 20 Jahren angeboten, sagt Carsten Hörnes, Geschäftsführer der Hoffmann GmbH, einem Konkurrenten, der für seine Pfannen ebenfalls Wiederbeschichtungen anbietet. Olav macht den Service auch gar nicht selbst, sondern nutzt dazu einen externen Dienstleister. Kosten für den Verbraucher: 35 Euro. Niemand braucht also eine Olav-Pfanne, um eine Beschichtung erneuern zu lassen. Bei anderen, hochwertigen Pfannen geht das genauso.
Fakt ist auch: Beschichtungen sind generell umstritten. Das Umweltbundesamt empfiehlt Verbraucher:innen deshalb, unbeschichtete Pfannen zu kaufen. Denn die Antihaftbeschichtungen bestehen aus Teflon. Weil dieser Stoff alles abweist, haftet er selbst auch nicht auf dem Metall einer Pfanne. Es wird eine Chemikalie benötigt, die eine solche Beschichtung an die Pfanne bindet – eine sogenannte fluororganische Verbindung (PFAS). Rückstände dieser Stoffe finden sich nahezu überall, im Grundwasser, in der Antarktis, sogar in Walen. Sie können von der Natur selbst nicht abgebaut werden. Wie schädlich das für die Umwelt ist, kann die Wissenschaft noch nicht sagen. Eine Gefahr für den Menschen sind die Stoffe, da sie sich im Blut anreichern können. Laut Europäischer Umweltagentur können sie etwa das Risiko für Leberschäden und Nierenkrebs erhöhen.
Ein früher oft verwendeter Stoff ist PFOA. Olav hat bis vor wenigen Tagen damit geworben, zu 100 Prozent PFOA-frei zu sein. Das ist irreführend. Denn PFOA wurde von der EU verboten. Es ist also eine Selbstverständlichkeit, dass in einer neuen Pfanne kein PFOA steckt. Trotzdem damit zu werben, ist wettbewerbswidrig. In der Vergangenheit wurde Werbung in vergleichbaren Fällen verboten. Nach den Nachfragen von Flip und ZEIT ONLINE hat Olav den Hinweis von der Homepage gelöscht.

Welchen Stoff Olav stattdessen benutzt, sagt das Start-Up nicht. Es teilt lediglich mit: “Unsere Beschichtung beinhaltet keine regulierten PFAS und ist konform mit REACH und ähnlichen Restriktionen.” Die gesetzliche Vorgaben erfüllt es also. Genauere Angaben macht Olav nicht. Ein Sprecher des Umweltbundesamtes sagt: “Grundsätzlich gilt: Es gibt keine fluorierte Antihaftbeschichtung, die ohne problematische Chemikalien auskommt.“
Warum verkauft Olav überhaupt beschichtete und unbeschichtete Pfannen, wenn doch die unbeschichteten nach allem, was man weiß, besser für Umwelt und Gesundheit sind? “Ich glaube unbeschichtete Pfannen sind einfach nicht für Jedermann”, sagt dazu Olav-Sprecherin Katharina Ladstaetter im ersten Gespräch. Die meisten Menschen könnten nur mit beschichteten Pfannen kochen, weil unbeschichtete Pfannen ein bestimmtes Kochkönnen voraussetzen. Das mag sein. Allerdings wird man auf der Olav-Website auch gar nicht darauf hingewiesen, dass unbeschichtete Pfannen wohl die nachhaltigere Wahl sind. Auch auf den Kommentar eines Instagram-Nutzers, dass die Beschichtung nach Verschleiß im Essen und der Umwelt lande, antwortet Olav eher gleichgültig. Es könne sich ja “jede Person selbst aussuchen, mit was sie brät.”
Und was sagt der Experte?
Tristan Jorde ist Umweltexperte bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Er sagt:
»An dieser Pfanne ist überhaupt nichts öko. Es handelt sich um Greenwashing.«
Und wie kocht es sich mit der Olav-Pfanne?
Unser Autor Leander Löwe hat die beschichtete Olav-Pfanne mit 26 Zentimetern Durchmesser getestet.
Hier könnt Ihr seine Sprachnachricht hören:
Flip-Score:
Eure Bewertungen der Idee ergeben einen Flip-Score von:

Wir recherchieren, Ihr stimmt ab: Der Flip-Score misst die Qualität von Ideen für eine bessere Wirtschaft. Er bildet den Schnitt Eurer Votings auf einer Skala von 1-10.