Schmuck soll schön sein. Dahinter verbirgt sich aber oft eine hässliche Geschichte. Denn das Gold und Silber, das in Ketten, Ringen oder Armbändern verwendet wird, stammt meist aus Minen in Afrika, Asien oder Südamerika. Dort werden für den Abbau der Edelmetalle Menschen vertrieben und Wälder gerodet. Chemikalien wie Quecksilber und Zyanid vergiften Luft, Wasser und Böden. Die Arbeiter:innen müssen oft für wenig Geld und häufig ohne Masken und Helme in den Stollen schuften. Immer wieder kommt es zu Einstürzen, wie im vergangenen Jahr im Sudan, bei denen dutzende Menschen umkommen. Auch Kinder arbeiten in den Minen. Sie werden zum Beispiel in den engen Schächten eingesetzt. Viele Minenarbeiter:innen sterben wegen der Unfälle und der giftigen Chemikalien früh.
40 Jahre alt werden Arbeiter:innen der bolivianischen Mine Potosí laut BBC im Schnitt
Was ist der Ansatz von Bruna?
Mit Schmuckstücken aus „100% zertifiziert recyceltem Gold und Silber“ möchte das österreichische Schmuckunternehmen Bruna es besser machen. Wer sich auf der Website umschaut, bekommt nicht nur die Ketten, Ohrringe und Armbänder des Labels präsentiert. Dazu gibt es das Gefühl, den Schmuck mit einem reinen Gewissen tragen zu können. Der Slogan des Unternehmens: “Fine jewellery made responsibly”. Die Designs: Von der “Schönheit und Vielfalt der Natur” inspiriert. Die Schmuckstücke: Werden “in kleinen, familienbetriebenen und ethisch geführten Manufakturen liebevoll veredelt.”
Die Idee für ihr Label hatte das Gründungspaar Helena Milchrahm und Simon Rupp 2018 nach eigener Aussage auf einer Reise nach Tahiti. Dort würden sogenannte Keshi-Perlen, die bei der Perlenzucht ungeplant als Nebenprodukt entstehen, als Abfall gehandelt, was den Gründer:innen nicht richtig erschienen sei. Auf der Website heißt es: “Eine kleine Hand voll Perlen und eine große Menge Inspiration später wurde BRUNA als Antwort auf die endlose Suche nach nachhaltigem und langlebigem Schmuck mit Verantwortung geboren.”
Mittlerweile gehört das 2019 gegründete Label mit rund 130.000 Instagram-Abonnent:innen zu einer der bekanntesten Juweliermarken im deutschsprachigen Raum. Nachhaltigkeits-Influencerinnen wie Madeleine Darya Alizadeh (dariadaria), Mirella Precek und Charlotte Weise präsentieren auf ihren Accounts den Schmuck von Bruna. Die Vogue, Instyle und Cosmopolitan haben über das Label berichtet. Und auch internationale Stars wie das Model Kendall Jenner und die Sängerinnen Lizzo und Camilla Cabello werden immer wieder mit Schmuckstücken von Brunagesichtet.
Doch was genau macht Bruna jetzt überhaupt so fair und nachhaltig? Gerne hätten wir mit den Gründer:innen ein persönliches Interview geführt. Das aber haben sie abgelehnt. Nur schriftlich wollte sich Helena Milchrahm äußern. Weil sich aus ihren Antworten aber immer neue Fragen ergeben haben, zog sich das Hin und Her über mehrere Wochen.
Wie nachhaltig ist Bruna?
Wer dieser Frage nachgeht, landet schnell in den Untiefen einer Industrie, die mit der Glamour-Welt der Stars nur wenig zu tun hat. Stattdessen geht es um den Unterschied zwischen Primär- und Sekundärgold, die Aussagekraft von Siegeln und die Frage, wie viel Schmuck aus recycelten Materialien wirklich besser macht. Dazu hat Flip-Autorin Katharina von der Kaus mit einem Goldschmied, Scheideanstalten, Branchenvertreter:innen, Nachhaltigkeitsexpert:innen und einem Wettbewerber von Bruna gesprochen.
1. Was bringt Recycling in der Schmuckindustrie? Das größte Versprechen von Bruna lautet, dass das Gold und Silber im Schmuck zu 100 Prozent recycelt sei. Das klingt gut. Allerdings gibt es einen Unterschied zu anderen Branchen: Gold und Silber sind so wertvolle Edelmetalle, dass sie schon seit Jahrhunderten im großen Stil wiederverwertet werden. Eine Goldkette zum Beispiel schmeißt ja niemand in den Müll. Sie wird weiterverkauft oder eingeschmolzen. Das Recycling liege “in der DNA der Branche”, sagt York Tetzlaff von der Fachvereinigung Edelmetalle. Auch in Deutschland haben Scheideanstalten, die diesen Job übernehmen, eine lange Tradition. Die Scheideanstalt C. Hafner in der Nähe von Pforzheim gibt es zum Beispiel bereits seit 1850.
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