Auf einen Blick

Idee: Dawn Denim Jeans will Jeans unter fairen Arbeitsbedingungen herstellen. Dafür betreibt Gründer Marian von Rappard sogar eine eigene Fabrik in Vietnam.

Impact: Dawn Denim zahlt seinen Mitarbeiter:innen einen Lohn, der über dem Existenzminimum liegt – in der Jeans-Branche ist das nicht selbstverständlich. Bei unabhängigen Audits zu seinen Arbeitsbedingungen erzielt das Unternehmen Bestnoten. Seine gesamte Lieferkette, merkt Gründer von Rappard selbst an, kennt Dawn Denim noch nicht und kann deshalb nicht garantieren, in allen Bereichen wirklich fair zu produzieren.

Glaubwürdigkeit: Gründer von Rappard und Dawn Denim kommunizieren selbstkritisch und transparent. Über QR-Codes auf den Etiketten der Jeans lässt sich der Teil der Lieferkette verfolgen, der dem Unternehmen bereits bekannt ist.

Marian von Rappard lebt in zwei Zeitzonen. Er betreibt das Berliner Modelabel Dawn Denim und eine Textilfabrik in Saigon. Gerade ist er von einer Zeitzone in die andere gereist, steht mitten in seiner Fabrik in Vietnam und meldet sich per Videoanruf. Um ihn herum schneiden Menschen Jeansstoffe, nähen Gürtelschlaufen an, reichen Schnitteile weiter. Sie folgen einer Choreografie, die von Rappard für sie vorgesehen hat und bekommen laut ihm dafür jeweils 9,2 Millionen vietnamesische Dong im Monat, umgerechnet etwa 350 Euro. Ein Lohn, der ihre Existenz sichern soll, was eine Seltenheit in der Branche ist. „Wir sind eine der besten Fair Wear Brands und immer noch nicht nachhaltig“, sagt von Rappard.

Marian von Rappard arbeitete lange für ein sogenanntes Sourcing-Büro, war also ein Mittelsmann, der zwischen Fabrikanten und Modebrands verhandelte. Viele kleine Labels würden mit den richtigen Intentionen starten, erklärt von Rappard. Sie hätten dann aber oft nicht die Kaufkraft, um bei den Lieferanten wirklich etwas zu verändern und dafür zu sorgen, dass Mode nachhaltiger und besser hergestellt wird. Also wurde er selbst zum Fabrikanten und eröffnete eine eigene Produktion. Das war 2015. Mittlerweile beschäftigt von Rappard 310 Menschen in Saigon. „Mitarbeiterin Nummer Eins ist immer noch da“, sagt er stolz.

Von Rappard kennt die Modebranche gut. Er nennt sie „komische Bubble und „kaputt“. Aber erst als er vom Mittelsmann zum Fabrikanten wurde, merkte er, wie kaputt die Branche wirklich ist: Marken ließen Geschäfte platzen oder kamen in Zahlungsschwierigkeiten. Er war abhängig von ihrem Erfolg und ihrem Anstand. Von Rappard wollte ein nachhaltiges Geschäftsmodell aufbauen, ökologisch nachhaltig, aber auch wirtschaftlich nachhaltig, sodass er die Arbeitsplätze seiner Angestellten sichern kann. Also gründete er zusammen mit Ines Rust die Jeansmarke Dawn Denim und lässt die Hosen in seiner Fabrik produzieren. „Ich will langfristig als Fabrikant nicht mehr von anderen Marken abhängig sein“, sagt Rappard.

Die Gründer:innen von Dawn Denim: Marian von Rappard und Ines Rust. Foto: Dawn Denim

Aus Berlin arbeiten für das Dawn Denim Team sechs Menschen zusammen mit ihren Kolleg:innen in Saigon an der Mission, die zweitnachhaltigste Jeans produzieren. Die nachhaltigste hänge bereits in jedem Kleiderschrank, die Hose, die nicht erst neu gekauft werden muss, so steht es auf der Homepage des Unternehmens. Direkt danach komme die Dawn–Denim-Jeans. Nachhaltig bedeutet bei Dawn Denim aber nicht nur die richtige Materialauswahl, der regulierte Einsatz von Chemikalien, sondern vor allem auch: faire Arbeitsbedingungen.

Wie nachhaltig ist die Dawn Denim Jeans?

Darüber hat Flip-Autorin Carmen Maiwald ausführlich mit Dawn-Denim-Gründer Marian von Rappard gesprochen. Sie erreichte ihn in Vietnam – und er gab ihr per Video eine Führung durch seine Fabrik.

Dawn Denim ist seit 2019 Mitglied der Fair Wear Foundation, einer unabhängigen, gemeinnützigen Organisation, die sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Bekleidungsfabriken einsetzt, Audits durchführt und die Prüfberichte veröffentlicht. Direkt beim ersten Check erreichte Dawn Denim 100 von 100 Punkten, als erste Brand überhaupt. Den existenzsichernden Lohn seiner Angestellten hat von Rappard mittels der sogenannten “Anker Living Wage”-Methode berechnet, einer Methodik zur Schätzung international vergleichbarer Armutsgrenzen und existenzsichernder Löhne. Seine Angestellten in Saigon sollen demnach von ihren Löhnen 1,8 Familienmitglieder finanzieren können, so kommt man auf die 8,7 Millionen vietnamesische Dong. Der Mindestlohn liegt je nach Region zwischen 3 und 4 Millionen Dong. Die Mitarbeiter:innen bekommen laut von Rappard außerdem jeden Tag ein Mittagessen in der Kantine gestellt.

Ist die Dawn Denim Produktion also schon komplett fair? „Leider nein“, sagt von Rappard: „Vor uns liegt immer noch ein weiter Weg.“ Denn das Dawn Denim Team wisse noch nicht, ob wirklich jede:r in ihrer Lieferkette fair bezahlt werde. Die Jeanshosen werden zwar in der eignen Fabrik in Saigon produziert, jedoch nicht dort gewaschen und auch die Stoffe werden zugeliefert. Diese gesamte Lieferkette kennt Dawn Denim noch nicht bis ins Detail: „Wir wollten vor einiger Zeit einen unserer Biobaumwollbauern ausfindig machen und persönlich kennenlernen, kamen dabei aber nicht weiter als bis zum Großhändler“, sagt von Rappard. Den Teil ihrer Lieferkette, den sie kennen, ist auch für ihre Kund:innen transparent: Via QR-Code lässt sich der Weg der Jeans zurückverfolgen und Zertifikate einsehen.

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