Auf einen Blick
Idee: Armedangels will im Rahmen seiner #Detoxdenim-Kampagne Jeans herstellen, für die keine giftigen Pestizide oder Chemikalien verwendet werden. Das soll den Planeten und die Haut der Träger:innen schützen.
Impact: Durch Prüfungen im Rahmen der GOTS- und GRS-Zertifizierung der Armedangels-Lieferanten wird unabhängig überprüft, ob wirklich keine schädlichen Chemikalien in der Produktion eingesetzt werden. Seine Lieferanten kommuniziert das Unternehmen transparent auf der Plattform Open Supply Hub.
Glaubwürdigkeit: Bis vor Kurzem warb Armedangels mit Zahlen, die belegen sollten, wie viel CO2 und Wasser die Detox-Jeans einsparen – nahm sie dann jedoch von der Website, da sie den eigenen “Anti-Greenwashing-Leitlinien” nicht genügten. Das ist zunächst löblich. Neue Zahlen, die die Auswirkungen aller Detox-Kollektionen belegen, gibt es bisher aber nur zum Teil.
Digital-Detox, Plastik-Detox, Detox-Saft. Egal, ob es um unser Smartphone oder unsere Därme geht: Inzwischen, so scheint es, gibt es für fast jeden Lebensbereich auch ein Detox-Produkt, das unseren toxischen Lebensstil ein wenig entgiften soll. Insofern geht die Modemarke Armedangels durchaus mit der Zeit, wenn sie unter dem Hashtag DETOXDENIM auch Jeans verkauft: „DetoxDenim bedeutet: wir ersetzen unnötige Chemikalien – vom Bio-Baumwollanbau ohne synthetische Pestizide bis zum Bleichen ohne Chlor,” erklärt Katya Kruk. Das soll gut für die Haut der Träger:innen und für den Planeten sein. Kruk verantwortet bei Armedangels die Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsstrategie. Alle Schritte im Produktionsprozess einer Jeans sollen entgiftet werden.
Armedangels ist mittlerweile eines der größten deutschen ökologischen Modelabels. 2007 gründeten Martin Höfeler und Anton Jurina das Unternehmen. Mittlerweile zählt Armedangels 153 Angestellte und verkauft jährlich über 250.000 Denimprodukte. „Durchschnittlich haben Jeans eine nachhaltigere Nutzungsphase als andere Kleidungsstücke – weil Verbraucher:innen sie weniger waschen und länger tragen”, sagt Katya Kruk. Außerdem habe fast jeder mindestens eine Jeans im Kleiderschrank. Es sei also das perfekte Kleidungsstück, um daran zu arbeiten, es noch ein bisschen nachhaltiger zu machen.

Wie sieht der DETOX-Ansatz von Armedangels aus?
Entgiften will Armedangels vor allem drei Dinge: Das Material, die Produktion und das Abwasser. Für seine Jeans verwendet Armedangels deshalb ausschließlich Biobaumwolle und recycelte Baumwolle, Hanffasern, recyceltes Polyester sowie Elasthan. Die Biobaumwolle ist mit dem GOTS-Standard zertifiziert und die recycelte Baumwolle mit dem GRS-Standard.
Beide Siegel überprüfen auch den Chemikalieneinsatz in der Produktion. Daraus ist der Claim #DETOXDENIM entstanden. Das heißt konkret: Beim Bleichen wird zum Beispiel auf Chlor und Kaliumpermanganat verzichtet. Stattdessen kommen schonendere Verfahren wie Laser- und Ozontechnologie zum Einsatz, wo statt Wasser und aggressiven Chemikalien für das Bleichen der Jeans Laserstrahlen oder Ozongas verwendet wird.
Außerdem verpflichte Armedangels seine Lieferanten zu einem funktionierenden Abwassermanagement mit Filtrationssystemen, um Flüsse und Gewässer zu schützen. Konkret funktioniert das so: Armedangels gibt eine Liste an verbotenen Chemikalien an seine Lieferanten heraus, an die sie sich halten müssen. „Diese Liste stimmt mit den GOTS-Standards überein“, sagt Kruk. Jedes Jahr rücken also die GOTS-Prüfer bei den Lieferanten an. Sie wollen wissen, wie die sozialen Kriterien in der Produktion sind, schauen sich Personalakten an, aber auch welche chemischen Textilhilfsmittel eingesetzt werden und inspizieren die Abwasserkanäle. „So können wir sichergehen, dass die ungewollten Chemikalien nicht verwendet werden. Nicht nur in den Fabriken unserer Lieferanten, sondern auch bei deren Partnerunternehmen“, sagt Kruk.
Und funktioniert das auch?
Um das zu beantworten, hat Flip-Autorin Carmen Maiwald mit Katya Kruk von Armedangels ein ausführliches Interview geführt. Im Gespräch antwortet die Nachhaltigkeitsexperin des Unternehmens sehr offen. Hinterher gibt die PR-Abteilung von Armedangels allerdings viele Zitate nicht frei.
In der Vergangenheit kommunizierte das Unternehmen noch, bei ihren Detox-Jeans den Wasserverbrauch um 40 Prozent und den CO2-Verbrauch um 64 Prozent im Vergleich zu einer konventionellen Jeans zu reduzieren. Armedangels hat sich vor einiger Zeit entschieden, die besagten Prozentzahlen nicht mehr zu kommunizieren, denn: „Die Quelle, aus der die Daten stammen, ist veraltet und entspricht nicht mehr unseren Anti-Greenwashing-Leitlinien“, teilt eine Unternehmenssprecherin mit. Deshalb nahm das Unternehmen die Zahlen von der Website – kommuniziert aber zunächst keine neuen.
Der Grund: „Die Emissionswerte messen wir aktuell nur für ausgewählte Produktgruppen, um intern bessere Entscheidungen zu treffen“, sagt Kruk. Für diese Berechnungen muss das Unternehmen die gesamte Reise der Jeans zurückverfolgen können, von der Veredelung und Produktion, zurück zur Färberei, zur Spinnerei, zum Baumwollanbau. Das stellt sich aktuell noch als schwierig heraus. „Wir veröffentlichen offen unsere Tier-1-Lieferanten,” sagt Kruk. Das heißt: Armedangels kommuniziert seine direkten Lieferanten, all die Zulieferer und Drittanbieter, die auch Teil der Lieferkette sind, aber nicht. Wer reinigt eigentlich die Baumwolle und bereitet sie für den Spinner vor, der das Garn verdreht? Auf diese Fragen hat Armedangels keine Antworten. „Wir arbeiten daran, eine vollständig transparente Lieferkette zu haben. Dies ist keine leichte Aufgabe und wir sind noch nicht am Ziel. Aber wir arbeiten stetig daran uns zu verbessern“, sagt Kruk.

Mittlerweile hat Armedangels laut eigenen Angaben zumindest die CO2-Emissionen ihrer Detox-Herbstkollektion ermittelt. Demnach würden “einzelne Optionen bis zu 50 % weniger CO2 in der Herstellung verursachen als der Durchschnitt in Europa verkaufter Jeans.” Für die gesamte Kollektion kommuniziert Armedangels allerdings noch keine Daten.
Laut Kruk arbeitet Armedangels mittels einer Blockchain-Technologie daran, die Lieferkette besser nachzuvollziehen und will diese Informationen auch mit den Kund:innen teilen: An einigen Kleidungsstücken befinden sich aktuell schon QR-Codes oder RFID-Chips, die Kund:innen scannen und sich so die Lieferkette der Jeans anschauen können. Für ihre Denimprodukte arbeite Armedangels mit drei Hauptlieferanten zusammen, erklärt Kruk. Zwei in der Türkei und einer in Tunesien. Armedangels kommuniziert eine Liste ihrer Lieferanten auf der Plattform Open Supply Hub.
Die Lieferkette genau zu kennen ist für Armedangels aber nicht nur wichtig, um den Chemikalieneinsatz und die Emissionen zu kennen, sondern auch, um die Arbeitsbedingungen bei ihren Lieferanten zu überprüfen: „Unsere Lieferanten produzieren unter GOTS/GRS Bestimmungen und müssen Sozialstandards der Fair Wear Foundation einhalten. Diese werden in Sozialaudits von der Stiftung überprüft”, sagt Kruk. Seit 2015 ist das Unternehmen Mitglied der Fair Wear Foundation. Eine unabhängige, gemeinnützige Organisation, die sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Bekleidungsfabriken einsetzt, unabhängige Audits durchführt und die Prüfberichte selbstständig veröffentlicht. Armedangels wird dort in der Kategorie „Leader“ ausgezeichnet. Die beste Kategorie von vier.
Seit nunmehr 17 Jahren verkauft Armedangels bereits nachhaltige Mode. Nun arbeitet das Unternehmen daran, dass auch das Lebensende ihrer Kleidung umweltfreundlicher wird. Armedangels hat ein Takeback-System etabliert, bei dem Kund:innen ihre alten, verschlissenen T-Shirts und Jeans einschicken können. Die würden dann bei Partnern in Portugal zerkleinert und zu neuem Garn verarbeitet werden, verspricht das Unternehmen auf der Website. Aber ganz so weit sind sie noch nicht. „Wir recyceln mit unseren Partnern. Das Volumen aus zurückgeschickter Kleidung von unserem Takeback-System war bisher noch nicht ausreichend, um es für die Recycler interessant zu machen”, sagt Kruk. Das Beste sei aber sowieso, wenn das Kleidungsstück nicht direkt recycelt, sondern erst mal weitergetragen werde. Daher verkauft Armedangels einige der zurückgeschickten Jeans nun im eigenen Online-Secondhandshop. „Wir möchten, dass unsere Produkte die Chance bekommen, am Ende des Lebenszyklus nicht weggeworfen zu werden”, sagt Kruk.

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Transparenzhinweis: In einer früheren Version des Textes hieß es, Armedangels sei als Non-Profit-Unternehmen gegründet. Das ist nicht richtig. Wir haben den Fehler korrigiert.