Deutsche Strände gelten eigentlich als recht sauber. „Trotzdem ist Strandmüll auch bei uns ein Problem“, sagt David Pfender vom Naturschutzbund Deutschland. An der deutschen Nordseeküste liegt im Mittel fast viermal mehr Müll, als es ein Grenzwert der EU vorgibt. Das ist nicht nur nervig für Badeurlauber:innen: Aus Müll am Strand wird oft Müll im Meer, wo er Meerestieren und ganzen Ökosystemen schadet. „Man kann davon ausgehen, dass 70 bis 80 Prozent des Meeresmülls irgendwann mal am Festland lag”, sagt Pfender.
79 Müllteile pro 100 Meter findet man im Mittel an der deutschen Nordseeküste (Stand: 2016). Der EU-Grenzwert liegt bei 20 Müllteilen pro 100 Meter.
Was ist der Ansatz von Flensburger?
Dem Problem mit dem Strandmüll nimmt sich Flensburger 2017 an, als man in der Brauerei gerade an der Außenwirkung feilt. Man habe überlegt: “Was wollen wir als Marke eigentlich aussagen?”, erzählt Flensburgers Marketingchef Jörn Schumann. Als Brauerei verkauft man ja nicht nur Bier, sondern auch ein Lebensgefühl: oberbayerische Biergarten-Gemütlichkeit (Paulaner), ranzig-verrauchte Kiezkneipe (Astra), oder: Regenwald retten (Krombacher). Auch bei Flensburger kennt man die Aktion der Krombacher Brauerei, bei der für jeden gekauften Kasten Bier ein Quadratmeter Regenwald geschützt werden soll. Nur: Regenwald, das passt nicht so richtig zu Schleswig-Holstein. Und in Schleswig-Holstein gibt es nun mal wenig, das so schleswig-holsteinisch ist wie Flensburger Bier.
Also kümmert sich die Brauerei stattdessen um etwas mit ein wenig mehr Nord-Charme: die norddeutsche Küste. “Unsere kilometerlangen Sandstrände sind das Markenzeichen Schleswig-Holsteins”, heißt es auf der Brauerei-Website. Sie müssten “geschützt und bewahrt werden”. Dabei soll Flensburgers Aufräum-Aktion “Strandgut” helfen.
Flensburger will Deutschlands Strände säubern und arbeitet dafürvor allem mit Tourismus-Organisationenan den meisten größeren Badeorten in Norddeutschland zusammen, unter anderem auf Sylt, Föhr und in Sankt Peter-Ording. Mindestens einmal im Jahr laden diese zu Cleanups ein, bei denen der Strand gemeinsam mit Tourist:innen und Badegästen gereinigt wird. Flensburger unterstützt sie bei ihren Aktionen nicht nur finanziell, sondern stellt auch die Müllsäcke, verteilt Strandgut-Caps und, klar, Bier an die ehrenamtlichen Helfer:innen.
Flensburger verspricht, dass pro verkauftem Aktions-Bier ein Quadratmeter Strand gereinigt wird. “Machen Sie mit”, schreibt Flensburger, “jedes Plop zählt”. Die Plops, die Flensburger bislang gezählt hat, ergeben tatsächlich eine beeindruckende Bilanz: Seit Beginn der Aktion 2017 sind laut Brauerei-Website 220 Millionen Quadratmeter Strand gereinigt worden. Allein in diesem Jahr schon über 42 Millionen Quadratmeter. Zum Vergleich: Die gesamte deutsche Küste ist etwa 2400 Kilometer lang. Geht man von einem zehn Meter breiten Streifen aus, hat Flensburger 2022 die deutsche Küste fast zweimal saubergemacht. Biertrinken gegen Strandmüll, es scheint zu funktionieren.
Kann das wirklich sein?
Dieser Frage ist unser Autor Felix Heck nachgegangen und hat dabei sogar selbst geholfen, einen Strand aufzuräumen.Während seiner Recherche hat er nicht nur mit zahlreichen Expert:innen und Flensburger gesprochen, sondern auch alle 28 Partner kontaktiert und nachgefragt, wie viel Strandfläche sie für Flensburger wirklich aufräumen.
1. Wie viel bringen die Cleanups grundsätzlich?
Grundsätzlich gilt: Strandmüll sammeln ist eine gute Sache. „Natürlich hilft jedes Stück Müll, das wir aus der Umwelt entfernen”, sagt Lars Gutow, der am Alfred-Wegener-Institut zu Plastikmüll forscht. Auch sei es sinnvoll, Müll zu sammeln, bevor er ins Meer gelangt:
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