EKN: Auf einen Blick
Idee: Ein möglichst langlebiger Schuh mit “minimalem ökologischem Fußabdruck”. Dafür nutzt die Frankfurter Marke Ekn sanft gegerbtes Leder und bietet Ersatzsohlen für ausgelatschte Schuhe. Der bekannte Musiker Max Herre verleiht der Marke künstlerisches Flair.
Impact: Der Hauptbestandteil Leder ist grundsätzlich nicht das ökologischste Material, dafür ist es langlebiger als Alternativen und kann gut repariert werden. Für den Materialexperten Robert Groten ein überzeugendes Argument, zumal das Leder laut Ekn aus Abfällen der Fleischindustrie stamme und ohne Chromeinsatz gegerbt werde.
Glaubwürdigkeit: Ob die Sneaker wirklich einen „minimalen ökologischen Fußabdruck“ haben, bleibt unklar. Aber EKN kommuniziert offen den Zielkonflikt zwischen hoher Langlebigkeit und geringem CO2-Fußabdruck. Die Marke scheint es mit dem Fokus auf Haltbarkeit und Reparierbarkeit ernst zu meinen.

Und funktioniert das auch?
Die Flip-Autor:innen Hannah Purner und Benedikt Dietsch haben mit Noel Klein-Reesink ein ausführliches Video-Interview geführt. Der Ekn-Gründer erzählte ihnen vom Max-Herre-Schuh und berichtete davon, was für ein kniffliges Unterfangen es sein kann, eine nachhaltige Sneaker-Marke aufzubauen.

Sind die Sneaker langlebig?
Die Schuhe, die Ekn verkauft, sind überwiegend aus Leder oder Kunstleder hergestellt. Leder gilt tatsächlich als sehr langlebiges Material. Wie lange nun ein Schuh von Ekn tatsächlich hält, lässt sich aber nicht genau sagen. Das Unternehmen habe dazu keine konkreten Tests durchgeführt, sagt Klein-Reesink. Aber das Ziel sei: Jeder Schuh soll auch unter harten Bedingungen mindestens ein Jahr halten.
Das mag zunächst nicht sehr ambitioniert klingen, aber Klein-Reesink geht davon aus, dass die Sneaker in der Regel deutlich länger halten: „Wir sehen ja auch immer wieder, dass die Leute noch unsere Schuhe tragen, die wir vor ein paar Jahren verkauft haben”, sagt Klein-Reesink. Für den Camel-Boot, den Ekn mit Musiker Max Herre entwickelte, verkauft das Unternehmen auch Ersatz-Sohlen. „Wenn man die Schuhe regelmäßig repariert, dann können die auch locker zehn Jahre halten”, sagt Klein-Reesink.
Die Entscheidung von Ekn, möglichst langlebige Schuhe aus Leder herzustellen, hält Robert Groten von der Hochschule Niederrhein für genau richtig. Es sei „mit das Wichtigste überhaupt”, Schuhe so langlebig wie nur möglich zu konzipieren: „Wenn man die Lebensdauer eines Schuhs verdoppelt, dann halbiert man gleichzeitig den Ressourcenbedarf.” Auch das Angebot, dass zumindest manche Modelle neu besohlt werden können, hält Groten deshalb für sehr wichtig. Zumindest für die Schuhe aus Leder scheint das Langlebigkeits-Versprechen also erfüllt. Ekn hat allerdings auch viele Schuhe aus anderen Materialien im Angebot, etwa aus Kunstleder oder Baumwolle. Verglichen mit Lederschuhen sind diese laut Ekn weniger langlebig.
Haben die Sneaker einen „minimalen ökologischen Fußabdruck”?
Klein-Reesink musste feststellen, dass ein möglichst langlebiger Sneaker nicht automatisch den geringsten ökologischen Fußabdruck hat: „Das eine schließt das andere oft aus”, sagt er. Man habe etwa mit nachwachsenden, biologischen Materialien experimentiert, aber festgestellt, dass sie in puncto Langlebigkeit nicht den Ansprüchen von Ekn genügen. “Wenn wir einen Schuh bauen, der aus einem ganz tollen ökologischen Material ist, dir aber nach zwei Monaten vom Fuß fällt, dann haben wir nichts gewonnen”, sagt Klein-Reesink. Deshalb setze Ekn bislang vor allem auf Leder.
Doch nur weil Leder lange hält, heißt das nicht, dass es auch besonders umweltfreundlich ist. Die Haltung der Tiere etwa, aus deren Häuten Leder hergestellt wird, verbraucht viele Ressourcen. Ekn verwendet für sein Leder deshalb laut Gründer Klein-Reesink nur Abfälle der Fleischindustrie. Eigens für die Schuhe von Ekn müssen demnach also keine Tiere sterben. Auch für die Ressourcen, die bei der Tierhaltung verbraucht werden, ist Ekn demzufolge nicht direkt verantwortlich. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Ekn zumindest indirekt ein System unterstützt, das der Umwelt schadet. Für Materialexperte Robert Groten geht Ekn hier dennoch den richtigen Schritt: „Solange nicht alle vegetarisch leben, werden aber einfach Häute übrigbleiben. Warum sollte man sie nicht nutzen?”

Wie nachhaltig Leder ist, hängt außerdem davon ab, wie es gegerbt wird. Bei einem Großteil des weltweit verwendeten Leders kommen verschiedene, umweltschädliche Chemikalien zum Einsatz; unter anderem Chromsalze. Das Schwermetall Chrom wird oft unter widrigen Arbeitsbedingungen abgebaut und kann unter bestimmten Voraussetzungen giftig sein. Ekn setzt deshalb auf ein pflanzliches Gerbverfahren ohne Chrom. Das Leder ist laut Ekn dadurch biologisch abbaubar. „Theoretisch könnte man es auf den Kompost im Garten werfen”, sagt Klein-Reesink. Praktisch funktioniert das allerdings noch nicht, da der Oberschuh aus Leder sich nicht rückstandslos von der Sohle trennen lässt. Textil-Experte Robert Groten kritisiert außerdem, dass es – wie bei den meisten Herstellern – kein Rücknahmesystem gebe. „Wenn Ekn die Schuhe nicht zurücknimmt, landen die am Ende trotzdem im Müll.” Man könne nicht erwarten, dass Kund:innen die Schuhe selbst richtig entsorgen.
Was die Ökobilanz angeht, ist außerdem das Kunstleder interessant, dass Ekn neben dem normalen Leder für seine Schuhe verwendet. Das Unternehmen gibt auf Nachfrage an, dass das Material hauptsächlich aus recyceltem PET, aber auch aus anderen Kunststoffen bestehe. Ines Anderie vom Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens sagt: „Umwelttechnisch ist das nicht so ohne.“ Schließlich würden die Kunststoffbeschichtungen meist aus Erdöl gemacht und weil die verschiedenen Schichten und Kunststoffe miteinander verklebt seien, sei es schwierig, die Schuhe sortenrein zu recyceln.
Kann Ekn seinen Kund:innen also einen „minimalen ökologischen Fußabdruck” garantieren, wie es auf der Website des Unternehmens heißt?
Eine Lebenszyklusanalyse, die den ökologischen Fußabdruck der Schuhe untersucht, habe Ekn bislang nicht durchgeführt. Die Formulierung sei „eher ein Bauchgefühl”, sagt Klein-Reesink. Für den Nachhaltigkeitsexperten Robert Groten reicht das nicht aus: „In irgendeiner Form muss Ekn das schon nachweisen – wenn das einfach so gesagt wird, zucke ich nur mit den Schulten.” Auf der Website von Ekn heißt es zu den Schuhen außerdem ganz allgemein, „jedes Einzelteil” sei „handgemacht und aus natürlichen Materialien”. Die Aussage bezieht sich laut Klein-Reesink eigentlich nur auf das Leder. Auch hier könnte Ekn künftig also noch etwas genauer kommunizieren.
Produziert Ekn Footwear unter fairen Bedingungen?
Ekn stellt laut eigenen Angaben 98 Prozent seiner Produkte in Portugal her5. Lavinia Muth, Expertin für soziale und ökologische Unternehmensverantwortung, hält das grundsätzlich für gut. Durch die europäische Gesetzgebung seien bereits viele soziale Mindeststandards abgedeckt. „Das heißt aber nicht, dass dadurch automatisch alles super fair ist”, sagt die Ökonomin.

Ekn gibt an, alle Partnerunternehmen persönlich zu kennen und mit ihnen langfristig zusammenzuarbeiten. Man habe mit ihnen verschiedene Standards festgelegt, die teilweise über die gesetzlichen Mindestanforderungen herausgehen. Von Ekn selbst ist niemand in Portugal vor Ort. Das Unternehmen gibt jedoch an, man habe eine Agentur engagiert, die mit den Arbeiter:innen in Portugal in Kontakt stehe regelmäßig überprüfe, ob die festgelegten Standards auch wirklich eingehalten werden. Lavinia Muth hält das grundsätzlich für sinnvoll: “Es ist wichtig, dass Unternehmen respektvolle Beziehungen zu ihren Lieferketten führen und auch überprüfen, ob ihre Standards vor Ort auch eingehalten werden”, sagt sie. Welche Agentur für Ekn nach dem Rechten sieht, will Ekn auf Nachfrage allerdings nicht sagen. Man habe sich vor einiger Zeit dazu entschieden, die Namen von Agenturen und Zulieferern nicht rauszugeben, da man “schlechte Erfahrungen mit der Konkurrenz” gemacht habe.
Ein Sneaker-Modell aus Baumwolle fertigt Ekn in Pakistan. Alle Betriebe, mit denen EKN in dem Land zusammenarbeitet, sind laut dem Unternehmen mit dem Fairtrade- oder dem GOTS-Siegel zertifiziert. Doch anders als in Portugal hat das Unternehmen hier niemanden vor Ort, der die Arbeitsbedingungen überprüft. „Wir müssen uns hier auf die Prüfmechanismen der Siegel verlassen”, sagt EKN-Gründer Klein-Reesink.

Empfohlen von der Redaktion
Die Sneaker von EKN sollen möglichst langlebig sein und einen minimalen ökologischen Fußabdruck haben. Dafür setzt das Unternehmen viel auf Leder. Das ist nicht jedermanns Sache, trägt aber zur Langlebigkeit bei. Beim ökologischen Fußabdruck kann EKN leider keine konkreten Berechnungen vorweisen. Das ist ein Schwachpunkt. Da die Marke es mit dem Fokus auf Haltbarkeit und Reparierbarkeit aber ernst zu meinen scheint und den Zielkonflikt zwischen hoher Langlebigkeit und geringem CO2-Fußabdruck offen kommuniziert, gibt es von der Flip-Redaktion dennoch eine Empfehlung.
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