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Sneaker-Check

Wildling: Barfuß auf dem Weg zum Kreislauf

Wildling: Auf einen Blick

Idee: Ambitionierte Macher:innen, die am liebsten barfuß gehen. Deshalb sollen ihre Sneaker auch „so wenig Schuh wie möglich” sein und so zur Fuß-Gesundheit beitragen. Die Schuhe sollen natürlich, fair und möglichst kreislauffähig produziert werden.

Impact: Der Ansatz, auf natürliche und recycelte Materialien zu setzten, ist grundsätzlich sinnvoll. Dass die Sneaker direkt bei Wildling repariert werden können auch. Die Marke muss immer wieder Kompromisse finden zwischen ihrem Anspruch, einen möglichst gesunden und einen möglichst nachhaltigen Schuh herzustellen. 

Glaubwürdigkeit: Wildling ist transparent und gibt sich selbstkritisch: Können die Barfußschuhe die eigenen hohen Ansprüche mal nicht erfüllen, wird offen kommuniziert und nix schöngeredet.

Was ist die Mission des Unternehmens?

Die Geschichte von Wildling beginnt mit Kinderfüßen. In Israel, wo Anna Yona mit ihrem Mann Ran und den drei Kindern lebte, ging es den Füßen wohl sehr gut. „Die Kinder konnten da den ganzen Tag barfuß rumlaufen”, erzählt Yona. Dann aber zog die Familie nach Engelskirchen im Bergischen Land, ins kalte Nordrhein-Westfalen. An die Kinderfüße musste auf einmal festes Schuhwerk. „Das gefiel den Kids überhaupt nicht”, sagt Yona.

Also gründete sie 2015 gemeinsam mit ihrem Mann Wildling . Das Ehepaar wollte einen Kinderschuh entwickeln, der einem das Gefühl gibt, wie barfuß zu laufen. Er sollte gesund für die Füße sein und Fehlstellungen vorbeugen . Die „Wildlinge”, so nannten sie die Schuhe, sind deshalb leicht und dünn, eben „so wenig Schuh wie möglich.”

Die Wildlinge sollen einen „regenerativen Effekt” haben – sowohl für die Füße als auch ökologisch. Foto: Wildling

Heute hat Wildling bereits 217 Mitarbeiter:innen – und betont, dass fast drei Viertel davon Frauen sind. Pro Jahr verkauft das Unternehmen etwa 400.000 Paar Schuhe. Diese gibt es längst nicht mehr nur für Kinder. Und auch der Fokus des Unternehmens ist breiter geworden. Nicht nur Fuß-Gesundheit, sondern auch Nachhaltigkeit steht inzwischen im Vordergrund: „Den regenerativen Effekt” der Schuhe, schreibt Wildling auf der Website, will es auf sein „gesamtes Wirtschaften übertragen”. Damit meint es das Unternehmen wohl ziemlich ernst.

Auf die Frage, was Wildling unter einem nachhaltigen Sneaker versteht, antwortet das Unternehmen jedenfalls mit einer dreiseitigen Liste, die ganze elf Punkte umfasst und von Chemikalien (so wenig wie möglich) über Lieferketten (so transparent wie möglich) bis zu Materialien (so regional wie möglich) reicht. In puncto Nachhaltigkeit scheint Wildling am liebsten alles auf einmal anzugehen. Einen „ganzheitlichen Ansatz” nennt das Gründerin Yona.

Am ehesten lassen sich die Kernversprechen auf drei Bereiche eingrenzen: Wildling möchte seine Schuhe mit ökologischen Naturstoffen (1) herstellen, möglichst kreislauffähig gestalten (2) und unter fairen Arbeitsbedingungen produzieren (3).

Und funktioniert das auch?

Flip-Autor Benedikt Dietsch hat ein ausführliches Gespräch mit Wildling-Gründerin Anna Yona geführt. Im Interview merkt man ihr an, wie ambitioniert sie in Sachen Nachhaltigkeit ist – und wie selbstkritisch sie gleichzeitig auf alles blickt, was Wildling bereits erreicht hat: „Komplett unserem Anspruch entsprechend ist glaub ich gar nichts aktuell”, sagt sie.

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Benutzt Wildling für seine Schuhe „ökologische Naturstoffe”?

Kurz gesagt: Ja. Wildling setzt vor allem auf Wolle, Baumwolle, Leinen und Hanf . Laut dem Unternehmen bestehen seine Schuhe im Schnitt zu 73 Prozent aus ökologischen Naturstoffen. Theoretisch wären die Stoffe sogar biologisch abbaubar. Wildling selbst gibt jedoch an, dass es die Stoffe oft mit Polystergarn vernähe. Auch die Sohlen bestehen noch überwiegend aus synthetischem Gummi. „Wir sind da einfach noch nicht so weit, wie wir gerne wären”, sagt Gründerin Yona, gewohnt selbstkritisch. Man setze deshalb vor allem darauf, die Schuhe am Ende ihres Lebens wieder von den Kund:innen zurückzubekommen, um sie zu recyclen.

Auf seiner Website schreibt Wildling außerdem, dass die Materialien unter anderem aus „regenerativem Anbau” stammen. Aber was heißt das überhaupt?

Während der Ansatz der regenerativen Landwirtschaft in den USA schon recht verbreitet ist, ist er in Deutschland noch nicht so bekannt . Es handelt sich dabei um eine Art super-nachhaltige Landwirtschaft. Eine einheitliche Definition, was regenerativ eigentlich genau bedeutet, gibt es jedoch nicht. Auch Wildling scheint auf die Frage, was das konkret heißt, noch keine besonders gute Antwort gefunden zu haben. Man befinde sich derzeit in einem „Prozess der intensiven Auseinandersetzung mit diesem Begriff”, schreibt das Unternehmen auf Nachfrage. Im Kern geht es darum, dass sich Anbauflächen durch den Verzicht von Dünger und großen Maschinen sowie einer bestimmten Art des Anbaus selbst regenerieren sollen. Oder wie Wildling-Gründerin Yona es ausdrückt: „Nachdem wir angebaut haben , sollen die Böden besser sein als vorher.”

Bisher stammen laut Widling allerdings erst etwa neun Prozent der Rohstoffe aus regenerativem Anbau. Auch wisse man noch nicht genau, wie man die Effekte des regenerativen Anbaus genau messen soll. Hier steht Wildling also noch ganz am Anfang.

Anna Yona erzählt, dass sie immer wieder in den Konflikt gerate zwischen den zwei großen Unternehmenszielen: Gesundheit und Nachhaltigkeit. „Wir wollen ja in erster Linie einen Schuh bauen, der so dünn wie möglich ist”, sagt sie. Manchmal bedeute das eben auch, dass er nicht so nachhaltig wie möglich ist.

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Das Gründerpaar Anna und Ran Yona mit den extra leichten Wildlingen. Foto: Wildling

Da ist zum Beispiel die Sache mit dem Yashi-Papier, ein Material, auf das man bei Wildling „wahnsinnig stolz” sei, sagt Yona. Bereits kurz nachdem sie Wildling gegründet hatte, stieß sie auf den Stoff aus Japan, der aus Papier hergestellt wird. Er ist atmungsaktiv, stabil und vor allem: sehr dünn. „Unserem Anspruch, so wenig Schuh wie möglich zu haben, kommt das bislang am nächsten”, schwärmt Yona. Aber: Damit man das Textil möglichst haltbar und gut zu verarbeiten ist, müsse man es bislang noch mit Polyester mischen. „Wir haben versucht, nur Papier zu nehmen, aber das klappt einfach nicht”, sagt Yona. Jetzt versucht Wildling, den Polyester-Anteil Schritt für Schritt zu verkleinern. „Das dauert eine Weile”, sagt Yona, „aber das sind wohl die schmerzhaften Jahre, die man aushalten muss.”

Das ist nicht der einzige Punkt, in dem Gesundheit und Nachhaltigkeit kollidieren. Der Fast-Barfuß-Schuh ist nur zwischen 1,5 und 3,5 Millimeter dünn – das wirkt sich auch auf die Langlebigkeit aus. „Wir können da natürlich nicht mit irgendwelchen Wanderstiefeln mithalten”, sagt Yona. Die Schuhe sollen bei „pfleglicher Nutzung” aber mindestens fünf Jahre gut halten.

Wie kreislauffähig sind die Schuhe von Wildling?

Ein kreislauffähiger Schuh müsste unter anderem langlebig und reparierbar sein, und am Ende seines Lebens entweder vollständig recycelt oder biologisch abbaubar sein. Einen solchen Schuh gibt es, Stand heute, noch nicht zu kaufen. Aber für Wildling ist das das Ziel. Auf seiner Website schreibt es, dass es sich „Schritt für Schritt hin zur Kreislaufwirtschaft entwickeln” möchte. Aber wie weit ist Wildling bereits? 

Biologisch abbaubar oder vollständig recyclingfähig sind die Schuhe von Wildling noch nicht. Aber: Das Unternehmen verwendet bereits zum Teil recycelte Materialien (etwa recycelte Baumwolle für den Oberschuh oder Recycling-Gummi für die Sohlen). Außerdem habe es seine Schuhe so designt, dass alle Teile des Schuhs zumindest theoretisch reparaturfähig sind. Damit das auch praktisch passiert, hat Wildling 2022 das „Wildling Repair Center” ins Leben gerufen, eine Werkstatt, in der das Unternehmen kaputte Schuhe repariert. Robert Groten, Professor für Technische Textilien an der Hochschule Niederrhein lobt den Ansatz von Wildling:

»Wenn die Schuhe repariert werden, erhöht das die Langlebigkeit. Und das halte ich fast für das Wichtigste.«

Produziert Wildling unter fairen Bedingungen?

Wildling stellt seine Schuhe hauptsächlich in Portugal her, einen kleinen Teil auch in Finnland. Da beide Länder in der EU sind, sind durch die europäische Gesetzgebung bereits viele soziale Mindeststandards abgedeckt. Aber Anna Yona weiß: „Auch innerhalb der EU können natürlich Herausforderungen mit Blick auf die Arbeitsbedingungen auftreten.” Deswegen habe man schon bevor man mit einer Produktionsstätte zusammenarbeitete, durch umfangreiche Fragebögen Informationen eingeholt, etwa zu Arbeitsbedingungen in den Fabriken. Außerdem stehe man in persönlichem Kontakt zu allen Partner:innen und arbeite gerade an einer Befragung der Arbeiter:innen in den Fabriken.

Die Materialien, die Wildling bezieht, stammen natürlich nicht alle aus Portugal oder Finnland. Gerade Baumwolle wird teilweise unter widrigen Arbeitsbedingungen angepflanzt und geerntet. Wildling kennt das Problem und bezieht seine Baumwolle deshalb zum Großteil von nur einem Lieferanten, Elmer & Zweifel. Dieser baut Bio-Baumwolle in Uganda und Zentralasien an und gibt an, dass er „die gesamte Herstellungskette” kontrolliert und die Arbeiter:innen fair bezahlt . Knapp ein Drittel der Baumwolle bei Wildling kommt allerdings nicht von Elmer & Zweifel. Hier greift Wildling zumindest auf recycelte oder GOTS-zertifizierte Baumwolle zurück.

Faire Arbeitsbedingungen hin oder her, auch an Wildling ging die kriselnde Lage der letzten Jahre nicht spurlos vorbei. Das Unternehmen musste kürzlich 37 Mitarbeiter:innen entlassen – ein Sechstel des gesamten Teams. „Wirtschaftlich bleibt uns keine andere Wahl” schreibt Anna Yona zu dieser Entscheidung auf Linkedin.

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Für das Crowdfunding des Marabu-Sneakers und dessen weitere Realisierung hat FLIP gemeinsam mit dem Münchner Sneakerhersteller MONACO DUCKS die Firma GRND gegründet, an der beide Partner zu 50 Prozent beteiligt sind.

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