Auf einen Blick

Idee: Am Anfang ging es ums Bäumepflanzen, das Produkt dazu war eher egal. Inzwischen ist Saye dafür bekannt, hippe vegane Sneaker aus recycelten und biobasierten Materialien zu verkaufen. Das Ziel der Marke: „Eine gute Balance zwischen Nachhaltigkeit, Preis und Coolness.“

Impact: Die Sneaker von Saye haben laut der Bewertungsplattform Bcome einen sehr geringen CO2-Fußabdruck im Vergleich zu herkömmlichen Sneakern, auch weil Saye stark auf veganes Leder setzt, etwa aus aus Mangoschalen oder Kakteen. Allerdings ist es weniger langlebig als echtes Leder. Außerdem beeinträchtigen Kunststoff-Beimischungen die Recyclingfähigkeit.

Glaubwürdigkeit: Saye kommuniziert offen und transparent, veröffentlicht etwa auf seiner Website welche Materialien es für seine Sneaker verwendet. Auch unsere Fragen beantwortet die Marke umstandslos, teilt etwa Bewertungsreports. Bei einigen Werbeaussagen fehlt die exakte Nachvollziehbarkeit. Dazu räumt Saye ein: An manchen Stellen gibt es Verbesserungsbedarf.

Was ist die Mission des Unternehmens?

Es hätten auch Hüte sein können, Flaschenöffner oder Unterhosen, wer weiß. Welches Produkt Damian Augustyniak, Marta Llaquet und Lizzie Sabin mit ihrem neuen Start-up verkaufen wollten, war ihnen anfänglich fast egal. Sie wussten nur: Für jedes verkaufte Produkt wollen sie Bäume pflanzen. Dass es am Ende Sneaker wurden, sagt Damian Augustyniak heute, kam eher zufällig. 2017 starteten sie ein Crowdfunding für einen Sneaker aus Leder, im klassischen 80er-Jahre-Style. Und die Idee schlug voll ein: Über 360.000 Euro konnte Saye (damals noch Wado) einsammeln . Heute beschäftigt Saye bereits 28 Mitarbeiter:innen, die im Jahr 2021 über 52.000 Paar Schuhe verkauft haben.

Die Mission, mit der Gründer:innen starteten, hat sich mittlerweile etwas verändert. „Wir dachten, wir pflanzen ein paar Bäume und damit ist der Schuh nachhaltig” , sagt Augustyniak. Doch dann fingen sie an, sich eingehender mit der Sneaker-Industrie zu beschäftigen, besuchten Produktionsstätten und Zulieferer und erkannten: Nur Bäume pflanzen, das reicht noch lange nicht.

Die Sneaker von Saye bestehen aus pflanzlichem Leder, zum Beispiel aus Kakteen oder Mangos. Foto: Saye

Heute ist Saye laut eigenen Angaben eine „komplett vegane Sneaker-Marke” und verwendet „überwiegend recycelte und bio-basierte Materialien”. Außerdem gibt das Unternehmen an, unter fairen Arbeitsbedingungen zu produzieren. Dabei sollen die Schuhe aber bezahlbar bleiben und den modischen Trends folgen.

Und funktioniert das auch?

Die Flip-Autor:innen Hannah Purner und Benedikt Dietsch haben Damian Augustyniak zum Online-Interview getroffen. Der Gründer von Saye sitzt in seiner Altbauwohnung in Barcelona, im Hintergrund liegt ein Surfbrett auf dem Schrank. Im Gespräch verrät er Sayes Anspruch: „Eine gute Balance zwischen Nachhaltigkeit, Preis und Coolness.”

Ist Saye „komplett vegan”?

Seit 2021 verwendet Saye nur noch vegane Materialien für seine Sneaker, zum Beispiel Kaktus- oder Mango-Leder. Auch in der Produktion verwendete Materialien, wie etwa Klebstoffe, sind laut Saye alle vegan. Das Modell aus echtem Leder, mit dem das Unternehmen startete, ist im Online-Shop inzwischen nicht mehr verfügbar. Einen großen Nachteil haben die neuen, veganen Modelle laut Gründer Augustyniak jedoch gegenüber dem alten: „Veganes Leder ist leider nicht so langlebig wie normales”, sagt er. Zwar teste man die Materialien und tue alles dafür, dass sie möglichst lange halten. Was die Lebensdauer angehe, komme man an echtes Leder aber leider noch nicht heran.

Verwendet Saye überwiegend „recycelte und bio-basierte Materialien”?

Auf seiner Website hat Saye veröffentlicht, welche Materialien es für seine Sneaker verwendet. Die meisten sind tatsächlich recycelt oder basieren auf nachwachsenden Rohstoffen, sind also etwa aus Mangoschalen oder Kakteen hergestellt.

Um als Kund:in besser einschätzen zu können, wie viel recycelte und bio-basierte Materialien in den Sneakern stecken, wäre es hilfreich zu wissen, zu welchem Anteil die Sneaker bezogen auf das Gewicht aus solchen Materialien hergestellt sind. Das scheint Saye allerdings selbst nicht ganz genau zu wissen. Auf Anfrage schreibt es, das sei „sehr schwer zu berechnen.” Die Sneaker bestünden einerseits aus vielen verschiedenen Materialien. Andererseits seien auch die Materialien selbst wieder ein Mix aus recycelten und neuen Stoffen. „Genau zu sagen, wie viel in jedem Sneaker steckt, ist superkompliziert”, schreibt Saye. Das ist verständlich – wenn Saye sich künftig die Mühe machen würde, könnte das die Transparenz gegenüber Kund:innen noch weiter erhöhen.

Aber wie nachhaltig ist das überhaupt?

Auch wenn veganes Leder noch nicht so langlebig ist wie herkömmliches, ist Saye-Gründer Augustyniak überzeugt, dass Kaktus-Leder und Co. in Sachen Nachhaltigkeit die Zukunft sind. Er verweist zum Beispiel auf den vergleichsweise geringen CO2-Fußabdruck seiner Sneaker. Laut einem Bericht der Bewertungs-Plattform Bcome liegt er je nach Modell zwischen vier und sechs Kilogramm CO2. Damit wäre er tatsächlich deutlich geringer als bei einem herkömmlichen Sneaker. Laut einer Studie des Massachusetts Institute of Technology liegt dieser ungefähr zwischen 18 und 41 Kilogramm CO2 . Zwar ist die Berechnung von Bcome keine unabhängig kontrollierte und entsprechend aufwändige Lebenszyklusanalyse, mit der die Umweltwirkung von Produkten wissenschaftlich untersucht wird. Doch Textil-Experte Robert Groten von der Hochschule Niederrhein hält die Ergebnisse durchaus für glaubwürdig: Pflanzen, die für die Herstellung des veganen Leders angebaut würden, binden CO2. Bei der Berechnung des CO2-Ausstoßes werde das einkalkuliert. „Was die CO2-Bilanz angeht, schneidet veganes Leder gut ab”, sagt Groten. Doch das Material habe auch seine Nachteile.

Wenn man nicht gerade Abfallprodukte verwende, wie etwa Mango-Schalen, müsse man teilweise über Wochen und Monate hinweg Pflanzen anbauen. „Die schlucken jede Menge Wasser”, sagt Groten. Im Zweifel werde bei der Herstellung von veganen Lederschuhen also deutlich mehr Wasser verbraucht als bei Kunststoff-Sneakern. Auch gegenüber normalem Leder könnte das Material beim Wasserverbrauch schlecht abschneiden. „In der Regel schlachtet man ja nicht extra ein Tier für das Leder”, sagt Groten. Wenn man davon ausgehe, dass Leder ein Nebenprodukt sei, sei die Umweltbilanz von veganem Leder vermutlich schlechter. Saye kennt das Wasser-Problem: „Wir wissen, dass das nicht ideal ist”, sagt das Unternehmen gegenüber Flip. Man arbeite mit den Zulieferern bereits daran, den Wasserverbrauch bei der Herstellung des veganen Leders noch weiter zu senken.

Die Saye-Gründer:innen Marta Llaquet, Damian Augustyniak und Lizzie Sabin. Foto: Saye

Ein weiteres Problem ist, dass die Sneaker von Saye aus vielen verschiedenen Materialien bestehen. Aus Kostengründen mischt Saye die bio-basierten Materialien etwa mit PU , einem Kunststoff, der bei Sneakern oft zum Einsatz kommt. Sind die Schuhe einmal kaputt, kann man die Materialien aber nicht mehr voneinander trennen. Man kann die Sneaker von Saye also nicht ohne größeren Aufwand sortenrein recyclen. Für Augustyniak war es trotzdem die richtige Entscheidung, auf Kaktus-Leder und Co. zu setzen: „Irgendwer muss diese Materialien nachfragen, damit die Hersteller weitermachen und sie sich verbessern” , sagt er.

Werden die Sneaker fair produziert?

Saye produziert seine Sneaker in Portugal, das heißt, es gelten EU-Standards für die Arbeitnehmer:innen. Die Schuhe würden in modernen Fabriken hergestellt, die gerade einmal zwei Jahre alt seien. Das Unternehmen gibt außerdem an, die Fabriken regelmäßig zu besuchen.

»In Portugal zu produzieren ist im Vergleich zu den traurigen Arbeitsbedingungen in der Fast-Fashion-Industrie schon ein riesiger Fortschritt.« Lavinia Muth, Expertin für Geschäftsethik

Lavinia Muth ist Ökonomin und Expertin für Geschäftsethik also für die soziale und ökologische Verantwortung von Unternehmen. Sie sagt allerdings auch, dass man nicht automatisch von fairen Arbeitsbedingungen sprechen könnte, nur weil man in Europa produziere. „Mit dem portugiesischen Mindestlohn kommt man auch nicht wirklich weit”, sagt sie. Die genaue Höhe der Löhne kommuniziert Saye nicht, gibt aber an, dass die Arbeiter:innen „überdurchschnittlich” gut bezahlt werden. Außerdem besuche man die Fabriken in Portugal regelmäßig.


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