Es klingt so einfach: Geld anlegen und dabei auch noch etwas Gutes tun! Kein Wunder, dass inzwischen rund die Hälfte aller Anleger:innen in Deutschland nachhaltig investieren möchte, wie eine repräsentative Umfrage der Verbraucherzentralen ergeben hat.
Das Problem: Es ist in der Praxis leider furchtbar kompliziert. Gerade wer noch nicht viel Erfahrung im Anlegen von Geld hat, lässt sich vom Finanz-Kauderwelsch der Branche oft abschrecken. Und dann ist da auch noch die Sache mit der Nachhaltigkeit. Klar, auch hier gibt es jede Menge Greenwashing. Und es ist nicht eindeutig definiert, was eine nachhaltige Geldanlage überhaupt ausmacht. Wer anfängt, im Internet wie wild drauf los zu suchen, kann sich leicht ziemlich verloren fühlen – und gibt im Zweifel frustriert auf.
Um es gleich vorweg zu sagen: Dieses Problem können auch wir nicht lösen. Die perfekte nachhaltige Geldanlage, die für jeden passt, gibt es nicht. Und der Markt ist super unübersichtlich, auch weil der Gesetzgeber bislang keine klaren Kriterien vorgibt, was unter einer nachhaltigen Geldanlage eigentlich zu verstehen ist. Was also kann dieser Text dann überhaupt leisten? Flip-Autor Lorenz Jeric hat versucht, aus seiner eigenen, manchmal ziemlich frustrierenden Suche ein grobes Vorgehen heraus zu kristallisieren, an dem sich Nicht-Finanzprofis im besten Fall Schritt für Schritt entlang hangeln können. Das erspart Euch nicht, die Entscheidungen am Ende selbst zu treffen. Aber vielleicht fühlt ihr Euch nicht ganz so verloren. Und das wäre ja auch schon was. Also, los gehts:
1. Nachhaltigkeit mal beiseite: Wie willst du Dein Geld anlegen?
Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, das eigene Geld anzulegen. Wenn du aber kein Finanzprofi bist und auch gar keine Zeit oder Lust hast, Dich mit einzelnen Aktien oder oft undurchsichtigen Angeboten am grauen, also unregulierten Kapitalmarkt zu beschäftigen, kommen in der Regel vor allem drei Anlageformen für Dich infrage:
- Die einfachste Lösung: ein Festgeldkonto. Darüber verleihst du dein Geld für einen fixen Zeitraum an eine (nachhaltige) Bank und bekommst dafür Zinsen. Der Vorteil: So ein Investment ist sehr transparent und sicher, weil du vorher schon weißt, wieviel du am Ende zurückbekommst. Selbst wenn die Bank pleite geht, ist Dein Geld über die gesetzliche Einlagensicherung bis zu 100.000 Euro sicher. Dafür können Festgeldkonten unflexibel sein, weil du erst nach der vereinbarten Zeit wieder an Dein Geld kommst. Die Zeitspannen reichen hier von einem Monat bis zu mehreren Jahren. Außerdem kannst du in der Regel weniger Gewinn erzielen als bei anderen Anlageformen. Wie viel Zinsen es derzeit gibt, erfährst Du hier.
- Ein Indexfonds (ETF): Einen Fonds kannst du Dir vorstellen wie einen Einkaufskorb voller Aktien. Du investierst also nicht in ein einziges Unternehmen, sondern in viele. Die große Frage ist: Welche Aktien kommen in den Fonds? Bei ETFs wird diese Frage relativ simpel beantwortet. Sie kopieren einfach einen Finanzindex wie den DAX (die 40 größten Unternehmen am Deutschen Aktienmarkt) oder den MSCI World (mehr als 1500 Unternehmen aus 23 Ländern). Dein Geld wird also auf alle Firmen aufgeteilt, die im Index sind. Das können je nach Index die größten Unternehmen einer Region oder die Firmen einer bestimmten Branche sein. Der Vorteil: Du kannst einfach nachvollziehen, wo dein Geld landet und hast nur geringe Verwaltungskosten. Deswegen sind ETFs momentan so beliebt, dass spekuliert wird, sie könnten zu einer Blase führen. Das aber ist laut Stiftung Warentest unwahrscheinlich. Insgesamt gilt: Dein Risiko ist durch die Verteilung deines Geldes auf mehrere Unternehmen zwar geringer als beim Kauf von einzelnen Aktien. Geht es aber an der Börse insgesamt bergab, leidet in der Regeln auch dein ETF.
- Bei gemanagten Fonds läuft es anders: Diese werden aktiv von Fondsmanager:innen gesteuert. Sie entscheiden, in welche Wertpapiere sie investieren. So wollen sie mehr Rendite erzielen als es bei ETFs möglich ist. Allerdings gelingt das nur wenigen Fondsmanager:innen auf Dauer. Ein Vorteil: Du hast mehr Auswahl, was die Zusammensetzung des Fonds angeht – so kannst du theoretisch nachhaltiger investieren. Der Nachteil: Gemanagte Fonds sind nicht so einfach zu durchblicken wie ETFs, tendenziell risikoreicher und für dich als Anleger:in deutlich teurer, weil sie höhere Gebühren verlangen. Die Fondsmanager:innen wollen ja schließlich auch bezahlt werden.
2. Die Nachhaltigkeit: Was bedeutet das eigentlich für Dich?
Nun geht es darum herauszufinden, wie du nachhaltig investieren willst. Denn grüne Geldanlagen sind nicht definiert – sie können beispielsweise auch in Waffen oder Atomkraft investieren. Theoretisch sollen EU-Labels wie “hellgrüne Fonds” und “dunkelgrüne Fonds” helfen, praktisch haben solche Fonds seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine knapp eine Milliarde US-Dollar zusätzlich in Aktien von Ölkonzernen und anderen schmutzigen Unternehmen gesteckt, wie Magdalena Senn von der Bürgerbewegung Finanzwende in einer Studie herausgefunden hat. Sie sagt: “Man kann sich nicht darauf verlassen, dass grüne Geldanlagen auch wirklich nachhaltig sind.” Auch die sogenannte EU-Taxonomie, über die seit Monaten berichtet wird, ist praktisch noch wirkungslos.
Deswegen musst du Dir selbst überlegen, was Nachhaltigkeit eigentlich für dich bedeutet. Grundsätzlich gibt es mehrere Ansätze:
- Die Schlechten ausschließen: Du willst dein Geld so anlegen, dass es nicht direkt mit Waffen, dreckiger Energie oder Ausbeutung zu tun hat? Dann bieten sich grüne ETFs oder gemanagte Fonds an, die mit Negativkriterien festlegen, in welche Branchen oder Firmen sie kein Geld stecken. Bei dieser Anlagestrategie werden oft Kohle, Erdöl, Atomenergie, Waffen und Tabak ausgeschlossen oder Firmen, die Arbeitsrechte missachten – in allen anderen Unternehmen darf investiert werden. Das Prinzip ist vergleichsweise transparent und für Einsteiger:innen am einfachsten zu verstehen. Es wird von vielen etablierten Ökofonds angewandt.
- Die Passenden rauspicken: Du willst Dein Geld gezielter anlegen, weil du zum Beispiel ganz konkret mehr Windkraft oder soziale Unternehmen fördern willst? Dann gibt es mehrere Möglichkeiten. Eine Option sind ETFs oder gemanagte Fonds, die mit Positivkriterien arbeiten. Sie konzentrieren sich bei der Auswahl der Unternehmen auf einzelne Branchen oder Bereiche. Sie sieben also nicht die “Bösen” aus, sondern suchen gezielt nach Unternehmen, die zu ihren Positivkriterien passen. Vorteil: Im besten Fall kommen sie Deinen persönlichen Vorstellungen besonders nah. Nachteil: Die Auswahlkriterien sind oft komplexer, schwammiger und für Laien schwieriger nachzuvollziehen. Wem das zu kompliziert ist und wer trotzdem gezielt anlegen will, kann auch ein Festgeldkonto bei einer grünen Bank nutzen. Sie fördert mit Deinem Geld dann beispielsweise die Energiewende. Bei einigen kannst du auch ganz konkrete Projekte auswählen.
- Die Vorreiter belohnen: Du willst dein Geld in Unternehmen investieren, die nachhaltiger sind als ihre Konkurrenten? Dann kommen ETFs und gemanagte Fonds in Frage, die eine Best-In-Class-Strategie verfolgen. Sie suchen sich in verschiedenen Branchen jene Unternehmen aus, die am wenigsten Schaden anrichten und als Vorbilder für ihre Konkurrenz dienen können. So kann es zwar sein, dass Dein Geld auch Chemieunternehmen, Erdölraffinerien oder AKWs finanziert. Zumindest in der Theorie aber sollen solche Investments die Unternehmen motivieren, den Wandel in ihrer Branche voranzutreiben.
3. Die Auswahl: Wie geht es jetzt zum konkreten Finanzprodukt?
Entscheidest du dich für ein Festgeldkonto, dann ist dieser Schritt einfach. Das Angebot an grünen und fairen Festgeldkonten ist nämlich ziemlich übersichtlich – die Verbraucherzentralen haben sie hier aufgelistet. Entscheidest du dich für einen grünen Fonds oder ETF, dann ist die Recherche etwas aufwändiger, weil es tausende Angebote gibt. Hier ist der Guide der Stiftung Warentest extrem hilfreich und den Preis von 5 Euro definitiv wert. Dort kannst du ETFs und Fonds direkt vergleichen und filtern, welche Branchen du ausschließen möchtest oder wo dein Fonds investieren soll. So landest du bei einer kleinen Auswahl, die du dann genauer checken kannst.
Natürlich geht es bei der Auswahl nicht nur um Nachhaltigkeit. Wie bei allen Geldanlagen musst du abwägen, wie viel Risiko Du eingehen möchtest und wie schnell du im Zweifel an Dein Geld kommen musst. Solltest du größere Summen anlegen wollen, empfiehlt es sich, dein Geld auf mehrere Fonds aufzuteilen, damit du im schlimmsten Fall nicht alles verlierst. Hier kannst du Dich in die Basics der Geldanlage einlesen. Wenn du tiefer eintauchen willst, schau dir die Kennzahlen der infrage kommenden Produkte an. Du findest sie in den verpflichtenden Infoblättern und im Guide der Stiftung Warentest. Hier kannst du nachlesen, welche Kennzahlen wichtig sind.
4. Der Check: Wie schützt du Dich vor Greenwashing?
Wenn du Dir ein konkretes Produkt ausgesucht hast, kannst du nochmal checken, ob es wirklich so grün ist, wie behauptet. “Bilder von Wäldern oder Windrädern oder grüne Werbeslogans sind oft nur Wohlfühl-Blabla ohne Bedeutung”, warnt Magdalena Senn von Finanzwende. Auch vollmundige Versprechen wie “werde zum Sinnvestor” oder “anlegen mit Impact” seien häufig nicht belegbar und damit völlig wertlos, sagt sie.
Anders sieht es bei den verpflichtenden Infoblättern aus. Im Gegensatz zur Werbung sind sie justiziabel. Anbieter dürfen dort also nur das schreiben, was sie auch belegen können. Deswegen kannst du hier schauen: Decken sich die Beschreibungen mit der Werbung oder fallen dir schwammige Formulierungen auf? Nichtssagende Sätze wie “wir investieren in relativ umweltfreundliche Unternehmen” sollten dich stutzig machen. Zu guter Letzt kannst du checken, welche Unternehmen in einer Anlage stecken und ob das zu den grünen Versprechen passt. Dabei hilft die Plattform Faire-Fonds, die die kritischen Investments von 2800 gemanagten Fonds und ETFs recherchiert hat.
5. Das Investment: Was fehlt Dir denn jetzt noch?
Für ein nachhaltiges Festgeldkonto brauchst du nur die passende Bank. Einen Überblick findest du im Fair Finance Guide und bei den Verbraucherzentralen. Willst du einen gemanagten Fonds oder ETF, benötigst du ein Depot, damit du ihn kaufen kannst. Grundsätzlich kommen dafür die meisten Banken und auch immer mehr Online-Broker in Frage. Auch soziale und grüne Banken wie GLS, Tomorrow oder die Ethikbank bieten Depots an. Auf den Webseiten der Anbieter kannst du checken, ob sie den ETF oder Fonds auch anbieten, den du haben willst, und was ihre Konditionen sind.
Übrigens: Willst du Geld anlegen, geschieht das auf eigene Rechnung Verantwortung. Dieser Artikel ist keine Anlageberatung, sondern rechtlich unverbindliche Meinungsäußerung ohne inhaltliche Richtigkeitsgewähr und ohne Rechtsbindungswillen. Eine Auskunftshaftung besteht nicht. Willst du dich beraten lassen, kann dir eine unabhängige Honorarberatung helfen.