Ökonom Gabriel Zucman will Erbschaften gerechter besteuern
Ausgerechnet diejenigen, die viel erben, zahlen am wenigsten. Wir sind auf eine Idee gestoßen, die dafür sorgt dass große Erbschaften gerechter besteuert werden.
Große Erbschaften werden in Deutschland kaum besteuert. In der Theorie gilt zwar ein Steuersatz von bis zu 50 Prozent. In der Praxis aber vererben Multimillionär:innen ihr Vermögen oft sogar komplett steuerfrei.
Eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt: Je mehr vererbt wird, desto geringer der Steuersatz. Konkret: Bei einem Vermögen zwischen 100.000 und 200.000 Euro zahlten Erbende im Schnitt 14,6 Prozent an Steuern, lag es zwischen 500.000 und 2,5 Millionen Euro waren es nur 8,5 Prozent. Am wenigsten zahlten Erbende, die über 20 Millionen Euro vermacht bekamen:
1,8 Prozent betrug die effektive Steuerlast bei Erbschaften über 20 Millionen Euro im Durchschnitt der betrachteten Jahre 2011 bis 2014
Anders als vom Gesetzgeber eigentlich gedacht, verläuft die tatsächliche Steuerbelastung also nicht progressiv (je höher das Erbe, desto höher die Steuer), sondern regressiv (je höher das Erbe, desto niedriger die Steuer). Ausgerechnet die Superreichen zahlen oft gar nix. Das verschärft die ohnehin schon hohe Vermögens-Ungleichheit in Deutschland.
Und was ist der Ansatz von Gabriel Zucman?
Gabriel Zucman ist ein französischer Ökonom, der als Professor an der Berkeley-Universität in den USA lehrt. In seiner Forschung hat er sich viel damit beschäftigt, warum ausgerechnet die Superreichen so wenig Steuern zahlen. Im US-Wahlkampf hat er linke Politiker wie Bernie Sanders und Elizabeth Warren beraten.
Zusammen mit seinem Kollegen Emmanuel Saez hat Zucmann einen Vorschlag gemacht, der auch für Deutschland interessant ist. Es ist nämlich so, dass besonders große Erbschaften hierzulande quasi steuerfrei bleiben. Das liegt daran, dass in diesen Fällen oft Firmen von einer Generation zur nächsten vererbt werden. Am besten versteht man das Problem anhand eines fiktiven Beispiels: Eine Unternehmerin vererbt ein florierendes Maschinenbau-Unternehmen an ihre Kinder. Das Unternehmen ist 25 Millionen Euro wert. Eigentlich müssten die Kinder nun eine Erbschaftssteuer von bis zu 30 Prozent bezahlen. Nur: Woher sollen sie das Geld nehmen? Es steckt ja vor allem in der Firma.
Müssten die Kinder nun Erbschaftssteuer zahlen, so argumentieren Lobbygruppen wie zum Beispiel der Verband der Familienunternehmer, müssten die Kinder einen Teil der Firma zu Geld machen, Arbeitsplätze könnten verloren gehen. Deshalb gewährt der Staat so großzügige Ausnahmen, dass Unternehmen in Deutschland oft steuerfrei vererbt werden können. Auf der einen Seite ist es zwar verständlich, dass der Staat Unternehmen mit der Erbschaftssteuer nicht in die Pleite treiben will. Auf der anderen Seite ist es aber auch ungerecht, wenn ausgerechnet die, die am meisten vererbt bekommen, am wenigsten zahlen müssen.
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