von Benedikt Dietsch
Dieser Text ist in Zusammenarbeit mit ZEIT ONLINE entstanden.
Wie in einer Schrebergartensiedlung für Reiche reihen sich in Land Park, einem der wohlhabendsten Viertel Sacramentos, die Villen mit ihren hübsch frisierten Vorgärten aneinander. Hier, in Kaliforniens Hauptstadt, lebt Roger Sant. Der Multimillionär gilt als Erfinder der CO2-Kompensation. Sant ist 91 Jahre alt, wirkt aber deutlich jünger, als er in Polohemd und Shorts die Tür öffnet. Sant weist den Weg zum Poolhaus im Garten.

Herr Sant, wissen Sie noch, wann Sie das erste Mal vom Klimawandel gehört haben?
Oh Boy, das ist lange her. Lassen Sie mich überlegen…
Die Idee mit der CO2-Kompensation hatten Sie ja 1987. Damals konnte man sicher noch nicht jeden Tag etwas über den Klimawandel in der Zeitung lesen.
Ja, es war ein paar Jahre vorher, ungefähr 1984, als ich vom Klimawandel als ernsthaftem Problem hörte, davor hatte ich CO2 überhaupt nicht auf dem Schirm. Aber wir nannten es damals nicht Klimawandel. Treibhausgas-Problem haben wir dazu gesagt, glaube ich. Aber ich muss gestehen: Ich dachte viel zu lange, das wäre irgendeine Theorie, die ein paar Wissenschaftler haben. Es klang wie Science Fiction für mich. Das hat sich erst 1987 geändert.
Was ist passiert?
Ich war damals Chef von AES…
…dem Energiekonzern Applied Energy Services, den Sie auch gegründet haben.
Wir waren gerade dabei, ein Kohlekraftwerk in Connecticut zu bauen. Zu der Zeit nahm ich auch regelmäßig an Treffen einer Umweltorganisation teil, dem World Resources Institute. Ich habe mich auch als Energieunternehmer schon immer um die Umwelt gesorgt, deswegen hatten sie mich gefragt, ob ich nicht Teil des Vorstands werden möchte. Jedenfalls, bei einem der Treffen hat dann jemand eine Präsentation über den Klimawandel gehalten. Und auf einmal hat es bei mir Klick gemacht.
Was hat er erzählt?
Es ging um die Anreicherung von CO2 in der Atmosphäre und welche Folgen das haben könnte. Und während ich zuhörte, wurde mir plötzlich klar: Das ist keine Science Fiction. Das ist vielleicht das größte Umweltproblem aller Zeiten. Und ausgerechnet wir tragen dazu bei! Sie müssen wissen, dass wir bei AES versuchten, Energie möglichst sauber zu produzieren.
Ich dachte, Sie haben damals gerade ein Kohlekraftwerk gebaut?
Ja, aber es gab zu der Zeit kaum Alternativen zur Kohle. Erneuerbare Energien waren kaum mehr als ein Traum, das war viel zu teuer. Unsere Kohlekraftwerke bauten wir aber so sauber wie möglich, indem wir zum Beispiel spezielle Filtersysteme verwendeten. Wir haben wirklich alles gemacht, was man damals machen konnte.
Und dann wird Ihnen klar, dass Sie zu einem viel schlimmeren Problem beitragen. Wie fühlt man sich in so einem Moment?
Ich war…Ich kann nicht wirklich sagen, dass ich wütend oder ängstlich war. Aber ich dachte: Wir können doch nicht ignorieren, dass wir zu einer der größten Umweltbedrohungen aller Zeiten beitragen! Es war einfach an der Zeit, in den Problemlösungs-Modus zu kommen.
Tiefer einsteigen?

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