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In einem emotionalen Brief wandte sich Michael Spitzbarth im vergangenen Jahr an die Öffentlichkeit. Ohne einen Investor drohe seinem Unternehmen Bleed das Aus. Über 15 Jahre habe er den Fair-Fashion-Pionier weitgehend ohne fremdes Geld aufgebaut. Immer hätten er und sein Team zeigen wollen, was „in Sachen echter Nachhaltigkeit” möglich ist.  Nun aber werde man es aus eigener Kraft nicht mehr schaffen. „Wir sehen, dass echte Nachhaltigkeit kaum mehr eine Rolle bei Kaufentscheidungen spielt“, schrieb er. Bis zum Jahr 2021/22 sei Nachhaltigkeit noch ein großes Thema gewesen. Inzwischen aber sei es „zweitrangig“. Hinzu komme, dass der Markt durch das Greenwashing großer Firmen „verwässert“ werde. Das alles sei nicht nur für ihn, sondern für die ganze Branche ein Problem.

Nur ein paar Monate später musste Bleed Insolvenz beantragen. 

Auch viele andere nachhaltige Start-Ups hat es getroffen. Einige davon hatten wir Euch, so wie Bleed, in unserem Newsletter vorgestellt. Die Plattform Enyway zum Beispiel, über die man Ökostrom direkt vom Erzeuger kaufen konnte. Oder das Start-Up Sirplus, das mit seinem Online-Shop Lebensmittel vor der Vernichtung retten will. Enyway gibt es inzwischen nicht mehr. Sirplus will es nach einer Insolvenz Anfang des Jahres mit einem neuen Konzept noch einmal probieren. Oft sind die Gründer:innen von der gesellschaftlichen Notwendigkeit ihrer Lösungsansätze so überzeugt, dass sie auch in schwierigen Situationen weiter kämpfen. „Der Gegenwind aber ist rauer geworden”, sagt Katharina Reuter vom Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft.

Nun kann man einwenden, dass es ganz normal ist, dass Firmen auch mal pleite gehen, dass Corona und der Krieg in der Ukraine nicht nur nachhaltige Unternehmen getroffen haben. Und das stimmt. Im ersten Halbjahr 2024 gab es in Deutschland so viele Pleiten wie schon lange nicht mehr. Die Nachwirkungen der Krisen kriegen viele zu spüren.

Und doch ist da dieses Gefühl, das auch Michael Spitzbarth in seinem Brief beschreibt: Dass Nachhaltigkeit irgendwie nicht mehr ganz so wichtig ist. Dass auch gute Ansätze scheitern. Und dass das vielleicht auch mit größeren gesellschaftlichen Veränderungen und Umbrüchen zu tun hat. Überspitzt formuliert: Wenn sogar die Bundesregierung das Klimaschutzgesetz bricht und aushöhlt, warum soll ich als Einzelne:r dann noch auf die CO2-Bilanz meiner nächsten Jeans achten?

Es ist ein Gefühl, dass auch uns bei Flip beschäftigt. Mit unseren Recherchen wollen wir Greenwashing aufdecken und zeigen, was wirklich hilft. Wir machen das, weil wir glauben, dass nachhaltiger Konsum ein mächtiger Hebel für Veränderung sein kann. Dafür aber müssen drei Bedingungen erfüllt sein. Erstens braucht es Verbraucher:innen, die mit ihrem Konsum zu einer besseren Wirtschaft beitragen wollen. Zweitens braucht es Unternehmen, die ihnen gute Angebote machen. Und drittens braucht es Transparenz, damit die Verbraucher:innen diese Angebote auch erkennen und nicht auf Greenwashing hereinfallen. Mit Flip setzen wir beim dritten Punkt an. Die ersten beiden haben wir quasi als gegeben hingenommen. Sollte sich hier etwas verschieben, ist das auch für unsere Arbeit wichtig.

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