Was ist das Problem?

„Wir haben einfach den Luxus und stecken uns Tampons für vier Stunden in unsere Vagina und schmeißen sie dann in Deutschland in den Restmüll“, sagt Julia Rittereiser und will etwas dagegen tun: gegen die Müllmengen durch Menstruationsprodukte und dagegen, dass Menstruieren immer noch etwas mit Luxus zu tun hat. Frauen menstruieren im Durchschnitt 38 Jahre ihres Lebens – ebenso alle Menschen mit Uterus, die sich nicht als Frauen identifizieren, zum Beispiel Transmänner oder Personen, die sich keinem Geschlecht zuordnen.

Etwa 12.000 Tampons verbrauchen sie jeweils in der Zeit, ein riesiger Müllberg, der ewig bestehen bleibt, weil ein Großteil der Hygieneprodukte Plastik enthält. Und da ist noch ein Problem: Menstruationsprodukte sind teuer. 21.000 Euro kostet die Periode laut einer britischen Umfrage über die Lebensdauer. Viele Menschen haben dieses Geld nicht, statt Tampons und Binden müssen sie Stoffreste, Zeitungspapier oder Watte nutzen. Periodenarmut ist ein weltweites Problem.

500 Millionen Menschen sind laut Schätzungen von UNICEF und Weltbank von Periodenarmut betroffen.

Was ist der Ansatz von Kora Mikino?

Warum das Problem nicht lösen, indem man sich auf ein Produkt zurückbesinnt, das es so ähnlich schon seit etwa 200 Jahren gibt? Dachte sich Julia Rittereiser und entwickelte Unterhosen, die das Blut während der Periode aufsaugen – angelehnt an frühere Periodenunterwäsche wie mit Watte-Einlagen gefüllte Menstruationsgürtel. Kora Mikino gründete sie 2018.

»Wir haben das Ziel, die Versorgung mit nachhaltigen Menstruationsprodukten weltweit zu verbessern.« Julia Rittereiser, Kora Mikino

Dafür verkauft das Unternehmen nicht nur Unterwäsche, sondern arbeitet außerhalb des europäischen Marktes mit Non-Profit-Partner:innen zusammen. Ihnen bietet sie die Schnittmuster ihrer Periodenpanties als Open-Source-Lizenz an. Menschen sollen so vor Ort ihre eigenen Unterhosen nähen können.

Wie soll das gehen?

Kora Mikino produziert Periodenpanties, die genauso aussehen wie normale Unterhosen und auch so lange halten sollen. Das Ziel: eine Periode ohne Einmalprodukte. Denn statt jedes Mal ein Tampon oder eine Binde zu nutzen und sie wegzuschmeißen oder sich eine Menstruationstasse einzuführen, die das Blut in der Vagina auffängt, menstruieren die Personen einfach direkt in die Unterwäsche. Die muss nach Gebrauch mit der Hand ausgewaschen werden und soll dann bei 40 Grad in der Waschmaschine gewaschen werden. Wie das funktionieren kann, ohne dass menstruierende Menschen in ihrem eigenen Blut sitzen oder sich fühlen, als trägen sie eine Pampers?

Kora-Mikino-Gründerin Julia Rittereiser

Die Hose besteht aus drei dünnen Lagen: Die erste Schicht ist ein Micromodal-Polyester-Gemisch, die das Blut durchlässt. Ein Baumwoll-Polyester-Gemisch in der zweiten Schicht saugt die Flüssigkeit auf und zuletzt verhindert eine Polyurethan-Membran in der dritten Schicht, dass das Blut durch die Unterhose durchläuft. Die Pantys können so etwa 30 Milliliter Blut aufnehmen, was dem Saugvermögen von drei mittelgroßen Tampons entspricht. Zum Vergleich: In der gesamten Periode blutet man zwischen 50 und 100 Milliliter Blut und Reste der Gebärmutterschleimhaut aus.

Da die Hose immer wieder benutzt werden kann, auch über mehrere Jahre, könnte sie die Einmalprodukte komplett ersetzen. Die Idee wird so gut angenommen, dass das Unternehmen dem Bedarf kaum hinterherkommt: „Unser halber Webshop ist aktuell ausverkauft“, sagt Rittereiser. Im Jahr verkauft Kora Mikino über 100.000 Panties.

Und funktioniert das auch?

Das hat Flip-Autorin Carmen Maiwald Kora-Mikino-Gründerin Julia Rittereiser gefragt und recherchiert, was schon gut läuft und was noch nicht so.

1. Was schon gut läuft

Ein faires und lokales Produkt. Kora Mikino verzichtet größtenteils auf Baumwolle. Stattdessen bestehen die Panties aus Micromodal, einer Chemiefaser aus Cellulose, die aus Buchen gewonnen wird. Die Buchen wachsen in nachhaltiger Waldwirtschaft, zum Großteil in Österreich. Denn während Baumwolle viel Sonne und ein wechselfeuchtes Klima wie in Mittelamerika braucht, können Buchen in unseren Breitengraden wachsen.

»Wir sind davon überzeugt, dass der Weg zu einer fairen und sozialen Wirtschaft regional ist.« Julia Rittereiser, Kora Mikino

Auch bei der Produktion hat sich Kora Mikino auf dem regionalen Markt umgesehen und arbeitet mit einer Textilmanufaktur auf der Schwäbischen Alb zusammen. Ein Teil der Produkte wird allerdings in der Partnerfirma Pemont in Rumänien produziert. Beide Firmen sind GOTS-zertifiziert (Global Organic Textile Standard). Das Siegel stellt sicher, dass in der Fabrik soziale Mindeststandards eingehalten werden, wie faire Löhne, Schutz der Arbeiter:innen, keine Zwangs- oder Kinderarbeit, keine Misshandlung oder Diskriminierung.

2. Was noch nicht ganz optimal läuft

Hilfe nah an den Bedürfnissen der Betroffenen? Von Periodenarmut betroffene Menschen sollen sich mit den per Open-Source-Lizenz verteilten Schnittmustern ihre eigene Periodenunterwäsche nähen können. Statt fertige Unterhosen zu spenden und so Abhängigkeiten zu schaffen, will Kora Mikino Wissen teilen, damit sich die Menschen selbst versorgen können.

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