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Für diese Recherche haben wir mit STRG_F kooperiert, dem investigativen Reportageformat, das der NDR für FUNK produziert. Sie ist im Rahmen des Fellowships des Helmut-Schmidt-Journalistenpreises entstanden, das Flip gemeinsam mit der ING Deutschland ins Leben gerufen hat.
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Eigentlich wollte Augustus Doricko den ganzen Tag mit den Reportern verbringen. Nun aber steht doch zu viel auf dem Programm: Investorencalls, Bewerbungsgespräche, Interviews. So ist das halt, wenn man mit gerade mal 25 Jahren der neue Star der Wettermacher-Szene ist, vom legendären Investor Peter Thiel gefördert wird und das eigene, rasant wachsende Start-Up einen Namen trägt, der sowohl große Hoffnungen als auch Ängste auslöst: Rainmaker. Regenmacher also.   

Statt ihm selbst führen nun seine Mitarbeitenden durch die garagenartigen Büros des Unternehmens in El Segundo, südlich vom Flughafen in Los Angeles. Obwohl Rainmaker erst 2023 gegründet wurde, wimmelt es hier vor Mitarbeiter:innen. In einem Eiskanal wird gerade der neue Prototyp einer Drohne getestet. Sie soll auch bei Minustemperaturen problemlos in die Wolken fliegen können, um dort Chemikalien zu versprühen. Das Ziel: Es regnen zu lassen. Quasi auf Knopfdruck. 

„Ich will Wasser im Überfluss schaffen“, sagt Doricko, als er am Ende des Tages endlich Zeit für ein Interview findet. Er sieht aus wie eine  Mischung aus Tech-Bro und Countryboy, trägt einen Vokuhila-Haarschnitt und Jeans-Hemd zur goldfarbenen Uhr. Wie Peter Thiel, der mit Paypal und Facebook reich geworden ist und als einflussreicher Strippenzieher hinter dem kulturellen Rechtsruck in den USA gilt, ist Doricko gläubiger Katholik und Kirchgänger. Damit gehört er zu einer neuen Generation von Start-up-Unternehmer:innen, die passend zur Trump-Ära nichts mehr vom woken Silicon Valley wissen wollen. Die Welt verbessern, ja, das will auch Doricko. Aber nach konservativen Vorstellungen. „Ich möchte, dass die Welt fruchtbarer, grüner und üppiger wird und mehr Menschen darin leben als je zuvor”, sagt er.

Rainmaker-Gründer Augustus Doricko im Interview. Aufnahme: NDR

An Gott zu glauben und das Wetter zu manipulieren, ist für Doricko kein Widerspruch. Im Gegenteil, es sei sogar fahrlässig, das nicht zu tun: Der Mensch habe laut Bibel von Gott die Aufgabe bekommen, über die Natur und die Schöpfung zu wachen. So gesehen sei es auch Aufgabe des Menschen, Dürren, Unwetter und Hagel abzumildern und die Natur mit Hilfe von Technik zu verbessern. „Wenn wir das nicht tun, werden wir der Verantwortung, die uns übertragen wurde, gute Verwalter zu sein und die Herrschaft über die Schöpfung zu übernehmen, nicht gerecht.“

Bricht hier gerade eine neue Ära des Wettermachens an? Über 30 Millionen Dollar hat Doricko mit Rainmaker von Investor:innen eingesammelt. Sein Start-up will mitmischen in einem weltweiten Geschäft. Wolken werden bereits rund um die Welt manipuliert, in China und Russland, in den Vereinigten Arabischen Emiraten und im Iran. In Australien und dem Westen der USA wollen Unternehmen damit den Wassermangel mildern. Indien oder Malaysia überlegen, mit Hilfe der Technik Smog abregnen zu lassen und Waldbrände zu bekämpfen.

Einerseits ist die Vorstellung verlockend, dass der Mensch die Macht hat, das Wetter zu beeinflussen. Gerade in Zeiten, in denen das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, immer unrealistischer wird und immer mehr Menschen mit Dürren und Überflutungen rechnen müssen. Andererseits wirkt die Wettermanipulation auf viele auch anmaßend und gefährlich. Wissen wir wirklich, was wir da tun? Stimmen die Versprechen von Menschen wie Doricko überhaupt? Und was, wenn solche Experimente aus dem Ruder laufen und ganz neue Probleme und Konflikte verursachen? Kaum ein Thema erzeugt so viele Hoffnungen und Ängste, Zukunftsfantasien und Verschwörungstheorien. 

Was dabei oft untergeht, ist ein nüchterner Blick auf das, was schon passiert – und die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die es gibt. Flip ist deshalb mit dem investigativen Reportageformat STRG_F, das der NDR für FUNK produziert, auf Spurensuche gegangen. Die Recherche führt nach Texas, Süddeutschland und in den Nahen Osten. In ihrem Mittelpunkt stehen zwei Fragen: Können wir das Wetter verändern? Und, wenn ja, sollten wir es auch tun?

Texas: Was, wenn Rainmaker dahinter steckt?

Eine Region, die gut etwas mehr Regen gebrauchen könnte, ist Texas. Immer wieder hat der Bundesstaat im Südwesten der USA mit Dürren zu kämpfen. Ganze Ernten gehen verloren, die Landwirtschaft leidet massiv. Zusammen mit anderen extremen Wetterereignissen sorgten Dürren in Texas laut einem Bericht der American Farm Bureau Federation (ABFB) im vergangenen Jahr für einen Schaden von über 3 Milliarden US-Dollar – allein durch die Verluste an Baumwolle und Weizen. Das führt auch zu Konflikten mit dem Nachbarland Mexiko um Flusswasser. Im April drohte US-Präsident Donald Trump bereits mit Konsequenzen, sollte das Land nicht mehr Wasser an Texas liefern, wie es ein altes Abkommen vorsieht.

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