Es ist ein typischer Montag in der Flip-Redaktion. Wie so oft gehen wir zum Mittagessen in die Kantine einer nahegelegenen Klinik. Auf dem Speiseplan stehen heute drei Gerichte zur Auswahl: “Frischkäse-Kartoffeltaschen mit Gemüse und Schnittlauchsauce, Currywurst mit Pommes und Röstzwiebeln oder gedünstete Hähnchenbrust mit Gemüse und Reis”. Wir, Leoni und Romy, essen vegetarisch und nehmen Kartoffeltaschen, Flip-Mitgründer Christian genehmigt sich “ausnahmsweise” die Currywurst. Am Tisch geht es dann direkt um die Wurst: Wie umweltfreundlich ist das Essen auf unseren Tellern? Fleisch ist schlecht für’s Klima, das ist allgemein bekannt. Aber wie viel besser sind wir mit unseren Kartoffeltaschen? Und was sagt das Kantinen-Menü über den Zustand unseres Ernährungssystems aus? Wir fangen an zu recherchieren – und später auch zu servieren.
Was ist das Problem?
Das, was traditionell auf deutschen Esstischen landet, beschreibt Britta Klein vom Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) als “Drei-Komponenten-Teller”. Der sehe so aus: „Kartoffeln, ein Gemüse dazu und ein Stück Fleisch.” In den letzten Jahren habe sich die durchschnittliche Ernährung zwar schon ein Stück verändert – weg von diesen drei Komponenten, hin zu mehr vegetarischem Essen. Aber trotz aller Veggie-Angebote in deutschen Kantinen: Fünf der Belastungsgrenzen der Erde, die bereits überschritten sind, haben direkt mit unserer Ernährung zu tun.
Ein Bereich ist der Klimawandel. „Aktuell sind ungefähr ein Drittel aller Treibhausgase auf das Ernährungssystem zurückzuführen”, sagt Marco Springmann, Professor für Klimawandel, Ernährungssysteme und Gesundheit an der London School of Hygiene & Tropical Medicine. Und fast die Hälfte der weltweiten Landfläche wird mittlerweile genutzt, um Lebensmittel und andere Pflanzen anzubauen oder Tiere zu züchten. Die Folge: Lebensräume werden zerstört und Biodiversität geht verloren. Dazu werde viel Frischwasser verbraucht und zu große Mengen der Düngemittel Phosphor und Stickstoff in der Landwirtschaft genutzt, erklärt Springmann.
Die Drei-Komponenten-Art sich zu ernähren, schadet aber nicht nur Umwelt und Klima, sondern ist auch richtig ungesund, erst recht, wenn noch Zucker und hoch verarbeitete Lebensmittel dazu kommen. Heutzutage sind über zwei Milliarden Erwachsene weltweit übergewichtig. „Ungesunde Ernährung ist tödlicher als ungeschützter Sex, Alkohol, Drogen- und Zigarettenkonsum zusammen”, schreiben Wissenschaftler:innen der EAT-Lancet-Commission, die sich aus Ernährungs- und Klimawissenschaftler:innen zusammensetzt.
Hinzu kommt eine perverse Verteilung: Während in wohlhabenden Ländern wie Deutschland die Folgen ungesunder Ernährung zu den häufigsten Todesursachen gehören, wächst die Zahl der Hungernden und Unterernährten in anderen Teilen der Welt auf 828 Millionen Menschen an. Das globale Ernährungssystem funktioniert also nicht besonders gut, erst recht nicht, wenn wir bis 2050 klimaneutral leben wollen und bis dahin 10 Milliarden Menschen ernähren müssen. Kurzum: Die Welt hat ein Ernährungsproblem.
Wie sieht eine zukunftsfähige Ernährung aus?
37 Wissenschaftler:innen aus 16 Ländern haben sich deshalb in der EAT-Lancet-Kommission zusammengetan und erstmals eine Art Weltformel entwickelt, um dieses Menschheitsproblem zu lösen. Die Planetary Health Diet: ein Speiseplan, der gesunde Ernährung innerhalb der planetaren Grenzen ermöglicht. Die Forschenden schätzen, dass dadurch ungefähr elf Millionen vorzeitige Todesfälle durch ernährungsbedingte Erkrankungen pro Jahr verhindert werden könnten. Auf einem Teller verteilt sähe die ideale Mahlzeit dann so aus: