Greenwashing-Indikatoren als Prüfkriterien
Wir untersuchen insgesamt zehn Indikatoren, die auf Greenwashing hinweisen können. Die Prüfkriterien sind darauf ausgelegt, die Glaubwürdigkeit der Nachhaltigkeitsversprechen zu bewerten. Sie beruhen auf den aktuellen Forschungsergebnissen zum Thema Greenwashing und berücksichtigen die geltenden und zu erwartenden regulatorischen Vorgaben des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), der EU-Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel – auf Englisch "Empowering Consumers for the Green Transition" (ECGT) – sowie der Green Claims Directive (GCD):
Indikator 1: Unklarheit
Viele Marken verwenden Begriffe wie „grün“ oder „umweltfreundlich“, um die Nachhaltigkeitsaspekte ihrer Produkte herauszustellen. Einerseits sind dabei schon die Begriffe an sich problematisch, weil es auch hier keine einheitliche Definition gibt. Sie können alles oder nichts bedeuten und die Verbaucher:innen in die Irre führen. Und es sollte immer klar gemacht werden, worauf sich eine Aussage überhaupt bezieht: die Unternehmensaktivitäten, das Produkt, die Verpackung, etc.?
Indikator 2: Keine Beweise
Wenn Belege und unterstützende Informationen zu einer Nachhaltigkeitsbehauptung schwer oder gar nicht zu finden sind, ist das problematisch. Grüne Claims und Umweltaussagen einer Marke sollten immer auf verlässlichen, unabhängigen, leicht überprüfbaren und stichhaltigen Quellen beruhen.
Indikator 3: Selektive Angaben
Um Greenwashing zu vermeiden, ist es einerseits wichtig, die Umweltauswirkungen der eigenen Produkte und Unternehmenspraktiken über den gesamten Lebenszyklus zu betrachten und als Unternehmen auch Bereiche anzusprechen, in denen möglicherweise Verbesserungsbedarf besteht. Andererseits sollte transparent dargestellt werden, wie viele besonders nachhaltige Produkte im Vergleich zu herkömmlichen Produkten vom Unternehmen angeboten werden.
Indikator 4: Irrelevanz und Lügen
Verbraucher:innen darf nicht suggeriert werden, dass es sich bei bestimmten Maßnahmen um ein freiwilliges Engagement handelt, obwohl es dafür eine gesetzliche Vorschrift gibt (keine Werbung mit Selbstverständlichkeiten). Ein Beispiel dafür wäre, mit „FCKW-frei“ zu werben, obwohl der Einsatz von FCWK in Deutschland seit den 90er-Jahren verboten ist. Der Indikator beinhaltet neben der Irrelevanz auch Lügen und Desinformationen.
Indikator 5: Leere Behauptungen
Hier überprüfen wir, was hinter den Nachhaltigkeitsversprechen eines Claims steckt. Wenn ein Unternehmen beispielsweise damit wirbt, klimaneutral zu sein oder werden zu wollen, also einen Emissionsausstoß von Netto-Null zu haben, sollte es das auch überprüfbar umsetzen, also Emissionsziele festlegen, Zwischenziele veröffentlichen und konkrete Maßnahmen treffen, bei denen es sich nicht nur auf Kompensationsprojekte am anderen Ende der Welt verlässt.
Indikator 6: Dubiose Zertifizierungen und Siegel
Unternehmen sollten immer darauf achten, nur Zertifizierungen zu verwenden, die von einer unabhängigen Stelle überprüft wurden und transparent angewendet und kontrolliert werden, wie beispielsweise das GOTS-Siegel oder der Blaue Engel. Wichtig ist zudem, klar zu definieren, auf was sich das Siegel bezieht: Geht es z.B. um die verwendete Baumwolle, das Verpackungsmaterial oder die Produktionsstätte?
Indikator 7: Widersprüchliche Unternehmenspraktiken
Der Indikator ist eigentlich selbsterklärend. Ein Modekonzern kann beispielsweise nicht glaubwürdig vermitteln, sich für Nachhaltigkeit einzusetzen, während er gleichzeitig Fast-Fashion-Marken in sein Markenportfolio aufnimmt.
Indikator 8: Schlechte politische Einflussnahme
Unternehmen, die etwas für das Wohl unseres Planeten tun und das für sich proklamieren, sollten nicht Mitglieder in Thinktanks, Handelsverbänden oder anderen lobbyistischen Gruppen sein, die sich gegen Nachhaltigkeit und Klimaschutz aussprechen.
Indikator 9: Irreführende Bilder und Symbole
Glückliche Kühe auf der grünen Wiese oder Autos mit Blumenwolken statt Abgasen: Manche Unternehmen versuchen sich über die visuelle Gestaltung ihrer Website, Produktverpackungen oder Werbeanzeigen grüner darzustellen, als sie eigentlich sind. Wer idyllische Bilder oder grüne Symbole verwendet, sollte realistisch bleiben und nicht übertreiben.
Indikator 10: Fachjargon
Auch Laien sollen die Umweltaussagen sowie deren Erläuterung mühelos verstehen können. Daher gilt es, Fachausdrücke ohne weitere Definitionen zu meiden. Also bitte keine Sätze wie: „Es werden organische Textilfasern verwendet, die durch innovative enzymatische Abbautechnologie gewonnen werden.“
Ablauf einer Prüfung
Unsere Prüfungen folgen einem klaren und einheitlichen Vorgehen:
- Zunächst sichten wir alle relevanten (Online-) Kanäle eines Unternehmens, wie die Website, Nachhaltigkeitsberichte und Social-Media-Kanäle. Dabei berücksichtigen wir Beiträge aus dem aktuellen und dem vorangegangenen Kalenderjahr.
- Jedes Unternehmen hat individuelle Nachhaltigkeitsziele und verwendet spezifische Aussagen, um diese zu bewerben. Genau diese Versprechen werden akribisch auf Greenwashing durchleuchtet.
- Wir überprüfen alle Greenwashing-Indikatoren, um sicherzustellen, dass die Nachhaltigkeitskommunikation glaubwürdig ist.
- Im letzten Schritt erfolgt die Gesamtbewertung und die Entscheidung darüber, ob eine Auszeichnung vergeben werden kann oder nicht.
Bewertung
In unserer Überprüfung analysieren und bewerten wir jeden Indikator im Einzelnen. Dazu dient uns ein Katalog an Leitfragen, um die verschiedenen Facetten von Greenwashing erfassen zu können. Gibt es in einem Indikator Anzeichen von irreführender, intransparenter oder falscher Nachhaltigkeitskommunikation, sammelt das Unternehmen in dem Indikator für jede Beanstandung einen Fehlerpunkt – die sogenannten Greenwashing-Punkte (GW-Punkt).
Die Indikatoren eins bis fünf sowie zehn werden dabei hinsichtlich der zentralen Nachhaltigkeitsversprechen bewertet. Die anderen vier Indikatoren (Zertifikate, Unternehmenspraktiken, politische Einflussnahme sowie Bilder und Symbole) werden auf Unternehmensebene bewertet.
Grundsätzlich gelten bei unserem Flip-Check die Greenwashing-Indikatoren eins bis sechs als Kernindikatoren und werden doppelt gewichtet. Indikatoren sieben bis zehn sind einfach gewichtete Zusatzindikatoren. Dies ergibt sich daraus, dass die Kernindikatoren insbesondere aus rechtlicher Perspektive (UWG, ECGT und GCD) eine erhöhte Relevanz haben. Aus der Summe der einzelnen Bewertungen bilden wir einen Gesamtscore.
1 GW-Punkt x 2 = 2 GW-Punkte
Damit ist bereits nach dem zweiten Prüfkriterium klar, dass "Eco-Pants" im ersten Durchgang keine "Checked by Flip"-Auszeichnung erhalten kann. Falls "Eco-Pants" jedoch keine weiteren Probleme in seiner Nachhaltigkeitskommunikation aufweist und nach der ersten Überprüfung eine detaillierte Erklärung zur Wassereinsparung auf der Website veröffentlicht, besteht die Möglichkeit, nach einem Re-Check eine Auszeichnung zu erhalten.
Vergabe
Um die Auszeichnung "Checked by Flip" zu erhalten, darf keiner der zehn Greenwashing-Indikatoren Auffälligkeiten aufweisen. Das Unternehmen muss die Überprüfung also mit null Greenwashing-Punkten bestehen.
Die Auszeichnung "Checked by Flip" kann auf zwei Wegen vergeben werden:
1. Flip-Check direkt bestanden: Ihr Unternehmen hat den "Flip Check" durchlaufen und es gab bei der Analyse keinerlei Auffälligkeiten. Nun erhalten Sie ein Angebot zur Nutzung des Symbols "Checked by Flip". Bei Annahme des Angebots können Sie die Auszeichnung für ein Jahr nutzen, um Ihre glaubwürdige Nachhaltigkeitskommunikation zu unterstreichen.
2. Bestandener Re-Check nach Umsetzung der Handlungsempfehlungen: Wenn Ihr Unternehmen beim Flip-Check Fehlerpunkte gesammelt hat, muss dies zwar kein mutwilliges Greenwashing bedeuten. Es sind jedoch einige Fallstricke aufgefallen, die als Greenwashing ausgelegt werden könnten und optimiert werden müssen. Nach Implementierung der Handlungsempfehlungen besteht die Möglichkeit, einen Re-Check durchführen zu lassen. Wenn in diesem alle vorherigen Beanstandungen aus dem Weg geräumt wurden, kann ebenfalls ein Angebot zur Nutzung der Auszeichnung "Checked by Flip" gemacht werden.
Nutzung der Auszeichnung
Grundsätzlich bezieht sich "Checked by Flip" immer auf die Nachhaltigkeitskommunikation VOR einem bestimmten Datum. Die Auszeichnung gilt für ein Jahr und kann durch eine Nachprüfung verlängert werden. Eine Kurzversion des Ergebnisberichts wird auf unserer Website veröffentlicht. Auf diese Weise erhalten Verbraucher:innen Einblick darüber, welche Nachhaltigkeitsversprechen überprüft wurden und wann der Check durchgeführt wurde. Alle Ergebnisberichte sind auch auf unserer Übersichtsseite zu den ausgezeichneten Unternehmen einzusehen.