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Was ist das Problem?

“Alarmstufe Rot”, “Das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen”, “Globale Durchschnittstemperaturen erreichen immer häufiger Rekordwerte” – das alles sind Schlagzeilen der vergangenen Monate. Viele Expert:innen zweifeln mittlerweile daran, dass sich das im Pariser Klimaabkommen festgehaltene 1,5-Grad-Ziel noch erreichen lässt – auch vor dem Hintergrund, dass die Staaten, die das Abkommen unterzeichnet haben, nicht “on track” sind, ihre nationalen Klimaziele also nicht ausreichend verfolgen, wie ein UNO-Bericht aus dem vergangenen Jahr konstatiert. Vor diesem Hintergrund wächst die Bereitschaft, auch Methoden des sogenannten Geoengineerings in Betracht zu ziehen. Darunter versteht man bewusste, technische Eingriffe in das Klimasystem, um auf diese Weise die Erderwärmung zu verringern. 

Was ist der Ansatz von Make Sunsets? 

Kurz gesagt will das Startup aus den USA die Erde mit Schwefeldioxid abkühlen, als erstes Unternehmen weltweit. “Cooling the earth” steht ganz oben auf der Website. Klickt man etwas weiter, sieht man das Bild eines Vulkans, und zwar des Mount Pinatubo auf den Philippinen. Bis zum Jahr 1991 dachte die Bevölkerung, er sei erloschen. Dann aber öffnete sich an der Nordostflanke ein Riss, eine Serie von Erdbeben folgte, und schließlich, am 15. Juni, kam es zur großen Eruption. Eine dunkle Wolke stieg 40 Kilometer hoch, der Tag wurde zur Nacht, selbst im 93 Kilometer entfernten Manila regnete die Asche des Pinatubo vom Himmel. 

Ausbruch des Vulkans Pinatubo im Jahr 1991. Bildquelle: Dave Harlow, USGS

Für die Bevölkerung war es eine Katastrophe. Zehntausende Menschen wurden evakuiert, mehr als 800 starben. Der Vulkanausbruch hatte aber auch eine unerwartete Auswirkung auf das Klima. Es wurde kälter. Und zwar auf der ganzen Welt. Die globale Durchschnittstemperatur sank im Jahr nach dem Ausbruch um 0,5 Grad. Der Grund: Der Pinatubo hatte sehr viel Schwefeldioxid ausgestoßen. In der Stratosphäre bildete sich ein Dunstschleier aus Aerosolen, der um die Erde zog und dafür sorgte, dass eine Zeitlang weniger Sonnenlicht als sonst bei uns ankam.

Im Grunde versucht Make Sunsets diesen Effekt künstlich herzustellen. Die Methode nennt sich “Stratospheric Aerosol Injection”, kurz SAI. Dazu lässt das Unternehmen mit Schwefeldioxid gefüllte Wetterballons aufsteigen. Je höher sie kommen, desto geringer wird der Luftdruck. Die Ballons werden dadurch immer größer, in etwa 20 Kilometer Höhe platzen sie dann. So entweicht das Schwefeldioxid und kann, ähnlich wie ein Vulkanausbruch, die Temperatur senken. Die Methode ist allerdings umstritten. Denn so genau weiß noch keiner, was das Schwefeldioxid in der Stratosphäre auslöst – und welche Nebenwirkungen es hat.

Die beiden Make Sunsets Gründer Andrew Song (rechts) und Luke Iseman (links) mit einem Wetterballon auf ihrer Website. Screenshot: makesunsets.com

Einer der Gründer von Make Sunsets ist Luke Iseman. Auf eine Anfrage von Flip reagiert er mit einem “Happy to chat”. Ein paar Tage später nimmt er sich Zeit für einen Video-Call. Auf dem Bildschirm erscheint ein eher unauffälliger, entspannt wirkender Typ in T-Shirt und mit schwarzer Nerd-Brille. Bevor er Make Sunsets zusammen mit seinem Mitgründer Andrew Song ins Leben rief, hat er unter anderem als Hardware-Direktor für ein Gründerzentrum gearbeitet und ein Startup für Wohncontainer gegründet. Klimawissenschaftler sind er und sein Mitgründer nicht. Natürlich habe er sich intensiv damit beschäftigt, sagt Isemann. Lieber aber probiere er einfach aus. “Ich lerne am besten, indem ich etwas tue, anstatt den ganzen Tag vor einem Bildschirm zu sitzen”, sagt er. Auch Iseman ist klar, dass SAI nicht die Lösung für die Klimakrise ist. Er glaubt aber, dass sie uns Zeit verschaffen kann, die wir – angesichts der Erderwärmung und den nur unzureichenden Maßnahmen dagegen – dringend bräuchten. Und dass man sie, trotz aller Risiken, ausprobieren sollte.

"Wir haben hier ein Mittel, das wirkt, warum sollten wir es dann nicht auch nutzen?"
Luke Iseman, Mitgründer von Make Sunsets

Bisher hat Make Sunsets 69 Schwefeldioxid-Ballons aufsteigen lassen. Finanziert wird das durch Investoren, aber auch durch sogenannte Cooling Credits, die das Unternehmen verkauft. Ein Cooling Credit kostet 9,95 Dollar. Er soll, so verspricht es das Startup, den Erwärmungseffekt einer Tonne CO2 für ein Jahr kompensieren.

Und funktioniert das wirklich?

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