Um die vielen Fälle von Geldwäsche in Deutschland besser in den Griff zu bekommen, hat Innenminister Alexander Dobrindt eine sogenannte "Beweislastumkehr" vorgeschlagen: Wenn der Verdacht besteht, dass etwa eine Yacht oder Immobilie mit kriminellen Einnahmen bezahlt wurde, sollen die Betroffenen die legale Herkunft des Geldes offenlegen müssen, statt die Ermittler:innen das Gegenteil beweisen zu lassen.

➡️ Für alle, die es genauer wissen wollen:

  • Was ist das Problem? Deutschland liegt in Europa vorn, wenn es um illegale Geldflüsse geht: Laut Schätzungen der Nasdaq-Verafin-Studie „Financial Crime Insights: Europe“ wurden 2023 insgesamt 645 Milliarden Euro durch den Kontinent bewegt – etwa 110 Milliarden Euro davon flossen über deutsche Finanzsysteme. Das sind Gelder, die beispielsweise aus Korruption, dem Handel mit Drogen oder der Veruntreuung staatlicher Mittel stammen und wieder in den normalen Wirtschaftskreislauf gebracht werden, sodass es legal wirkt. Dass Deutschland so besonders anfällig für Geldwäsche ist, liege einer Studie der Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland zufolge unter anderem daran, dass es einerseits große Bargeldströme und wenig überwachte Nicht‑Finanzsektoren gebe, andererseits Eigentums- und Finanzstrukturen oft undurchsichtig seien und Aufsicht sowie Strafverfolgung nur begrenzte Kapazitäten haben.
  • Das schlägt Dobrindt vor: Bei der Vorstellung des Lagebilds „Organisierte Kriminalität“ kündigte Innenminister Alexander Dobrindt auf einer Pressekonferenz am Freitag unter anderem neue Maßnahmen gegen Geldwäsche an: “Wir wollen eine Beweislastumkehr, wenn es um die Einziehung von Vermögenswerten geht”, so Dobrindt. Nach dem Vorschlag sollen mutmaßlich illegale oder sanktionierte Vermögen mit unklaren Eigentümer- und Finanzierungsverhältnissen künftig beschlagnahmt werden können. Begleitet werden soll die Maßnahme auch durch engere Zusammenarbeit von Polizei, Zoll und BKA sowie verstärkte internationale Kooperation.
  • Was heißt das konkret? Setzt sich Dobrindt mit seinem Vorschlag zu Beweislastumkehr durch, heißt das: Wenn es plausible Anhaltspunkte dafür gibt, dass Auto oder Haus mit inkriminiertem Geld erworben wurde, muss die Person nachweisen, woher das Geld kommt. Bleiben die Erklärungen unplausibel oder ist die Herkunft nicht rechtmäßig, fällt das Vermögen an den Staat. Neu ist die Idee nicht, beispielsweise in Italien verfolgt die Finanzpolizei Guardia di Finanza seit Jahrzehnten eine ähnliche Strategie, um die Mafia und andere organisierte Kriminalität zu schwächen. Dadurch werden dort jedes Jahr Milliarden an "schmutzigem" Geld konfisziert. In einer Analyse von 2022 bei Legal Tribune Online, in der die Idee bereits diskutiert wurde, heißt es, dass es zwar sehr aufwendig sein werde, die Angaben der Betroffenen über die Herkunft ihres Geldes genau zu prüfen. Der Vorschlag könne aber trotzdem helfen, die bisherige Schwäche des deutschen Staates im Umgang mit undurchsichtigen Vermögen zu verringern.

Quellen: Nasdaq, Transparency Deutschland, BMI, N-TV, Süddeutsche Zeitung, Tagesschau, Reporteri, LTO, Zeit, MDR, NDR

Wenn du tiefer einsteigen willst: Passend zum Thema ist gerade diese Woche die WDR-Doku "Dirty Money – Geldwäsche-Paradies Deutschland" erschienen. Der Film verfolgt die Spur des schmutzigen Geldes, enthüllt die Tricks der Geldwäscher und gibt Einblicke in die Arbeit von BKA, Zoll und Steuerfahndung. 📺 Auch bei Krautreporter gibt einen sehr guten Schwerpunkt zum Thema "Deswegen ist Deutschland ein Geldwäsche-Paradies". 📖

Teile diesen Beitrag