Die „Stiftung Familienunternehmen“ gibt vor, die Interessen von Familienbetrieben zu vertreten. Nach Recherchen des ARD-Magazins Panorama und Greenpeace stammen ihre Fördergelder jedoch fast ausschließlich von superreichen Unternehmerfamilien und großen Firmen aus klimaschädlichen Branchen. In der Vergangenheit setzte die Stiftung sich unter anderem für eine Sonderregelung ein, mit der milliardenschwere Vermögen weitgehend steuerfrei vererbt werden können. Noch in diesem Jahr wird ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer erwartet – das Gericht prüft aktuell, ob das geltende Erbschaftsteuerrecht verfassungswidrig ist.
➡️ Für alle, die es genauer wissen wollen:
- Worum geht's? Anders als es ihr Name vielleicht vermuten lässt, steckt hinter der “Stiftung Familienunternehmen” kein Zusammenschluss sympathischer Mittelständler, sondern vor allem ein Lobbyverein für Milliardäre und Konzerne wie BMW, Bosch oder die Schwarz-Gruppe mit Kaufland und Lidl. Das zeigt nun eine Datenanalyse des ARD-Magazins Panorama, die 123 Firmen der insgesamt 600 Förderer der Stiftung identifizieren konnte. Dem vorausgegangen war eine Recherche von Greenpeace, die enthüllt hatte, dass die Stiftung vor allem Superreiche aus klimaschädlichen Branchen repräsentiert. NGOs wie Lobbycontrol werfen der Stiftung schon länger Etikettenschwindel und mangelnde Transparenz vor. Besonders umstritten ist ihre Rolle bei der Erbschaftsteuer. Kritiker:innen bemängeln: Auch durch ihren Einfluss wurde eine Ausnahmeregelung geschaffen, mit der selbst milliardenschwere Vermögen weitgehend steuerfrei vererbt werden können. „Der größte Erfolg der Stiftung war es, ein transparentes, übersichtliches und faires Erbschaftsteuerrecht zu verhindern“, sagt etwa der langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete Lothar Binding.
- Wie ist die Erbschaftsteuer für Superreiche aktuell geregelt? Dank der sogenannten "Verschonungsbedarfsprüfung", können auch große Erbschaften von über 26 Millionen Euro weitgehend steuerfrei bleiben. Die Folgen: Zwischen 2021 und 2023 lag der durchschnittliche gezahlte Steuersatz auf Multimillionen- und Milliardenvermögen bei nur 2,9 Prozent, 2023 sogar bei 0,1 Prozent. Wer dagegen kleinere Beträge erbt, zahlte mehr als das Dreifache, erklärt die Bürgerbewegung Finanzwende. Bis zu 10 Milliarden Euro entgehen demnach dem Staat jedes Jahr. Eine Ausnahme: Die Familie des 2021 verstorbenen Unternehmers Heinz Thiele musste fast 4 Milliarden Euro an den Bayerischen Fiskus zahlen – aber nur, weil sie mit ihren Arrangements zur Steuervermeidung zu spät dran war.
Quellen: NDR, Greenpeace, Friedrich-Ebert-Stiftung, Finanzwende, MDR, Lobbycontrol, Netzwerk Steuergerechtigkeit, Surplus, Tagesschau, Tagesschau, Handelsblatt (€)
Wenn du tiefer einsteigen willst: Die Bürgerbewegung Finanzwende hat die gängigsten Mythen zur Erbschaftsteuer einem Faktencheck unterzogen. 🔍
- Was könnte sich künftig ändern? Die Debatte über die Erbschaftsteuer ist nun wieder aufgeflammt – überraschend ausgelöst von Jens Spahn. Im ZDF bezeichnete er die ungleiche Vermögensverteilung als Problem und zeigte sich grundsätzlich gesprächsbereit für Reformen. Während SPD, Grüne und Linke stärkere Steuerbelastungen für sehr wohlhabende Erben unterstützen, zeigt sich die Union skeptisch. Parallel prüft das Bundesverfassungsgericht die Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer: Es geht darum, ob die weitreichenden Steuervergünstigungen verfassungswidrig sind. Möglicherweise könnte das Gericht die Bundesregierung dann zu einer Reform der Erbschaftsteuer zwingen.