Im April hatten sich die Mitgliedsstaaten der UN-Behörde International Maritime Organization (IMO) bereits auf eine CO₂-Steuer geeinigt, um die Treibhausgasemissionen zu senken. Die formelle Zustimmung zum sogenannten „Net-Zero-Framework“ in London diese Woche galt deshalb eigentlich als Formsache und das Abkommen hätte 2027 in Kraft treten können. Doch Länder wie Saudi-Arabien, Singapur, Russland und die USA stellten sich zuletzt vehement dagegen – und erreichten nun, dass die Entscheidung um ein Jahr verschoben wird.
➡️ Für alle, die es genauer wissen wollen:
- Darum geht's: Etwa 90 Prozent des Welthandels wird über die Meere abgewickelt. Mit wachsendem internationalen Seeverkehr sind auch die Emissionen immer weiter gestiegen: Mittlerweile ist der Sektor für rund drei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Zuständig für globale Regeln ist die UN-Schifffahrtsorganisation IMO mit Sitz in London, der 176 Staaten angehören. Schon vor zwei Jahren haben sich die IMO-Mitglieder darauf geeinigt, dass die internationale Schifffahrt bis 2050 klimaneutral werden soll, mit Zwischenzielen für 2030 und 2040. Im April 2025 legten sie dafür eine konkrete Strategie vor, das sogenannte „Net-Zero-Framework“. Doch bevor es in Kraft treten kann, muss es noch offiziell beschlossen werden. Das hätte eigentlich diese Woche passieren sollen.
- Was genau beinhaltet das Net-Zero-Framework? Erstmals weltweit sieht das Net-Zero-Framework eine Abgabe auf den Treibhausgas-Ausstoß im Seeverkehr vor. Kern des Instruments sind ein internationaler Treibstoffstandard und ein Bepreisungssystem: Schrittweise sinkende Grenzwerte sollen den CO₂-Ausstoß der Schiffe reduzieren. Reedereien, deren Schiffe über den Grenzwerten liegen, müssen Ausgleichszertifikate kaufen oder Gebühren zahlen – bis zu 380 US-Dollar pro Tonne CO₂. Wer besonders klimafreundlich fährt, kann dagegen Gutschriften verdienen. Die Einnahmen sollen dann in einen IMO-Fonds fließen, der klimafreundliche Technologien fördert und ärmere Länder beim Umstieg unterstützt. Kritiker:innen warnen jedoch, dass vor allem Biotreibstoffe kurzfristig bevorzugt werden könnten, was wiederum negative Folgen wie Abholzung mit sich bringen kann.
- Wie geht es jetzt weiter? Damit das Abkommen angenommen wird, hätte es es eine Zweidrittelmehrheit der stimmberechtigten Staaten gebraucht. Im April erreichte der Entwurf bereits eine Mehrheit, doch damals enthielten sich mehrere Länder oder fehlten, darunter die USA. Washington lehnt das Abkommen ab und droht Staaten, die dafür stimmen, mit Zöllen, Hafengebühren und Visabeschränkungen. Die Verschiebung beantragten Singapur und Saudi-Arabien – beide auch von Anfang an Gegner des Abkommens. 57 Länder stimmten letztlich für die Verschiebung, 49 Länder waren dagegen. Unterstützt wird das Abkommen unter anderem von der EU, zahlreichen Küstenstaaten und großen Reedereiverbänden, die einheitliche Regeln und Planungssicherheit fordern. In einem Jahr soll nun erneut verhandelt werden. Gelingt dann eine Einigung, könnten die neuen Regeln 16 Monate nach Verabschiedung – also erst 2028 – in Kraft treten.
Quellen: Reuters, N-TV, AP, AP, UN Trade & Development, Umweltbundesamt, Bundeswirtschaftsministerium, IMO, IMO, Tagesschau, DVZ, SZ (€)