Die Fondsgesellschaften AGI und DWS haben angekündigt, Rüstungsaktien in ihre Nachhaltigkeitsfonds aufzunehmen. In der Finanzbranche wird schon seit längerem darüber diskutiert, Rüstungsinvestitionen nicht mehr pauschal als unethisch zu bewerten. Wie die taz letztes Jahr aufdeckte, liegt das auch daran, dass Waffenhersteller und Investoren intensives Lobbying betreiben, um die Definition von Nachhaltigkeit bei Finanzprodukten zu beeinflussen. Bereits im Mai 2024 hatte die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) mit einem Beschluss die Kriterien für Nachhaltigkeitsfonds aufgeweicht.

➡️ Für alle, die es genauer wissen wollen:

  • Was sind ESG-Fonds? ESG steht für: Environmental, Social and Governance. Diese Investitionsfonds sollen in Unternehmen investieren, die sozial, ökologisch und ethisch verantwortlich handeln. Rüstungsfirmen galten dabei lange als ausgeschlossen – wegen ihrer potenziellen Rolle in Konflikten, bei Menschenrechtsfragen und Umweltbelastung.
  • Was passiert gerade? Mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat sich die Diskussion verändert: Seit Monaten wird darüber diskutiert, bestimmte Rüstungsinvestitionen nicht mehr pauschal als „unethisch“ zu bewerten. Ende vergangenen Jahres hatten mehrere Finanzverbände den ESG-Branchenstandard für Rüstungsinvestitionen geöffnet. Anfang April gab der Vermögensverwalter Allianz Global Investors (AGI) bekannt, seine Investment-Richtlinien zu ändern und bei ESG-Fonds „militärische Ausrüstung und Dienstleistungen“ nicht länger auszuschließen. Das heißt, AGI-Nachhaltigkeitsfonds dürfen künftig in Unternehmen investieren, die mehr als zehn Prozent ihres Umsatzes mit Rüstung erwirtschaften. Eine ähnliche Änderung hat nun auch die Deutsche-Bank-Tochter DWS angekündigt, die vor kurzem zu einer Millionstrafe wegen Greenwashing verurteilt wurde.
  • Widerspricht das nicht den Regeln der EU? Die sogenante EU-Taxonomie bestimmt, welche Wirtschaftsaktivitäten nachhaltig sind, basierend auf dem „Do No Significant Harm“-Prinzip (DNSH). Demnach dürfen nachhaltige Investitionen keine erheblichen negativen Auswirkungen auf Umwelt oder Gesellschaft haben – Waffen sind also eigentlich ein offensichtlicher Widerspruch. Im Mai 2024 entschied die europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) allerdings, dass Fonds, die „nachhaltig“ oder „ESG“ in ihrem Namen tragen, 20 Prozent ihrer Gelder beliebig investieren können. (Hersteller von völkerrechtlich geächteten Waffen wie etwa Streumunition sind davon ausgeschlossen.) Recherchen der taz und LobbyControl haben gezeigt, dass Waffenhersteller und Investoren massiv Lobbyarbeit betreiben, um in der EU-Taxonomie als nachhaltig anerkannt zu werden – und die bisherige Definition von Nachhaltigkeit zu verwässern.

Quellen: Handelsblatt (€), Handelsblatt (€), BR, Süddeutsche Zeitung, Focus, FAZ (€), Table.Media (€), taz, LobbyControl

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