Die Bundesregierung plant, mögliche Strafzahlungen für verpasste Klimaziele künftig aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zu begleichen. Expert:innen warnen, dass so Milliarden an Euro, die eigentlich für Klimaschutz gedacht sind, in CO₂-Zertifikate fließen könnten. Und es ist nicht das erste Mal, dass der KTF zweckentfremdet zu werden droht: Auch die Gasspeicherumlage, eine Kostenbeteiligung zur Sicherung der Gasversorgung, soll nun aus dem Klimatopf bezahlt werden.
➡️ Für alle, die es genauer wissen wollen:
- Worum geht's? Bis 2030 muss Deutschland seine CO₂-Emissionen in Verkehr, Gebäuden, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und Industrie gegenüber dem Ausstoß des Jahres 2005 halbieren. Werden diese EU-Ziele verfehlt, muss die Regierung Emissionszertifikate kaufen. Eigentlich sollte das Geld dafür aus dem Etat des Wirtschaftsministeriums kommen. Doch der Posten wurde im aktuellen Haushaltsentwurf von Finanzminister Klingbeil in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verschoben. Das ist ein Sondertopf, in den die Einnahmen aus Emissionshandel und CO₂-Preis fließen – und das zentrale Instrument, um die Umstellung auf eine klimaneutrale Gesellschaft zu finanzieren. Stattdessen könnte der Topf nun auch dazu genutzt werden, um unzureichenden Klimaschutz zu kompensieren.
- Was heißt das konkret? Aktuell ist kein Zukauf nötig, deshalb steht im vorgelegten Haushaltsentwurf "null Euro" als Ausgabe. Doch das dürfte sich in Zukunft ändern: Der Expertenrat für Klimafragen hat errechnet, dass bis 2030 eine Lücke von 224 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten entstehen dürfte. Das heißt, es drohen in den nächsten Jahren viele Milliarden an Ausgleichszahlungen. Führende Klimapolitiker:innen aus Union und SPD kritisieren die Verschiebung und auch aus der Opposition hagelt es Kritik. So heißt es etwa von der Grünen-Abgeordneten Lisa Badum: „Dass die Bundesregierung die Strafe für versäumten Klimaschutz aus dem dringend benötigten Klimaschutztopf bezahlen will, ist absurder Klima-Kannibalismus“.
- Wofür soll der Klimafonds noch genutzt werden? Ende Juni stellte Finanzminister Lars Klingbeil den neuen Haushaltsentwurf vor – inklusive einer umstrittenen Planung, die seit 2022 über den Gaspreis finanzierte Gasspeicherumlage künftig aus dem KTF zu bezahlen. Damit sollen Verbraucher:innen entlastet und fossile Gaslieferungen gesichert werden – eigentlich ein klarer Widerspruch zum Zweck des Klimafonds. Eine Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag von Green Planet Energy warnt, dass der KTF durch schwache Vergabekriterien und Fehlplanungen für fossile Projekte zweckentfremdet werden kann. Im Juli kritisierte zudem der Bundesrechnungshof, dass der KTF trotz der geplanten 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen bis 2034 wahrscheinlich nicht zuverlässig funktioniere, weil unklar sei, wie viel Geld wirklich für Klimaschutz ausgegeben werde und wie groß die Wirkung der Maßnahmen sei.
Quellen: Europäisches Parlament, Bundeswirtschaftsministerium, Spiegel (€), SZ (€), Correctiv, Zeit, Green Planet Energy, das Parlament, ZDF heute, Spiegel (€)