Die Weltgemeinschaft hat im Pariser Abkommen eigentlich beschlossen, die globale Erwärmung deutlich unter 2 Grad zu halten – besser bei 1,5 Grad. Dieses Ziel wird aber zunehmend unrealistisch. Nun warnen Wissenschaftler:innen sogar davor, dass sich die Erde viel stärker und vor allem schneller erhitzen könnte, als bisher erwartet: Möglicherweise könnte die 3-Grad-Grenze bei unserem aktuellen Kurs schon 2050 erreicht werden – bisher ging man davon aus, dass das erst Ende des Jahrhunderts der Fall sein könnte. In einem Appell richten sich die Wissenschaftler:innen deshalb mit zehn Forderungen für mehr Klimaschutz und Klimaanpassung an die Politik.
➡️ Für alle, die es genauer wissen wollen:
- Darum geht's: Im Rahmen der Extremwetterkonferenz in Hamburg hat die Deutsche Meteorologische Gesellschaft (DMG) gemeinsam mit der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) ein alarmierendes Papier vorgestellt: Darin warnen sie vor einer Beschleunigung der globalen Erwärmung. Dazu rücke Klimaschutz politisch weltweit immer mehr in den Hintergrund: „Es besteht aus unserer Sicht ein Risiko, dass die 3-Grad-Grenze 2050 erreicht werden könnte,” erklärt DPG-Präsident Klaus Richter in der Pressekonferenz am Donnerstag. Die Forscher:innen begründen die Warnung unter anderem mit Rekordwerten bei Luft- und Meerestemperaturen, der Zunahme extremer Wetterereignisse und weiter steigenden Treibhausgasemissionen. Allerdings gibt es bislang noch keinen wissenschaftlichen Konsens darüber, dass sich die globale Erwärmung beschleunigt hat.
- Was würden drei Grad mehr konkret bedeuten? Bei drei Grad globaler Erwärmung könnte Deutschland im Jahresmittel etwa sechs Grad heißer sein – Berlin wäre dann wärmer als Madrid heute. Hitzewellen wären länger, häufiger und tödlicher. In Südeuropa könnten zwei Drittel der Bevölkerung dauerhaft von Wassermangel betroffen sein, Flüsse und Böden austrocknen, Kraftwerke und Landwirtschaft wären gefährdet. Situationen wie 2023 in Frankreich, als Dörfer per Tanklaster versorgt werden mussten, könnten dann häufiger auftreten. Auch Starkregenereignisse wie die Ahrtalflut 2021 gäbe es öfter. Weltweit würden Ernten ausfallen, rund die Hälfte aller Bestäuberarten wäre bedroht. Tropische Korallenriffe würden nahezu vollständig verschwinden. Eisschilde auf Grönland und in der Antarktis drohen instabil zu werden und der Meeresspiegel könnte bis zu zwei Meter steigen – von Venedig und St. Peter-Ording wäre dann fast nichts mehr übrig.
- Was fordern die Wissenschaftler:innen? Es ist besonders, dass sich die beiden Institutionen zusammenschließen und in einer gemeinsamen Erklärungen zur Klimakrise äußern – zuletzt war das 1987 der Fall. Im Interview erklärt der DMG-Vorsitzende Frank Böttcher, dass sie mit dem Klima-Aufruf die Politik und Öffentlichkeit sensibilisieren und zum Handeln bewegen wollen. Der Appell enthält zehn Forderungen zum Klimaschutz und Klimaanpassung, die sich an die Politik richten. Dazu gehören unter anderem, klimafreundliche Produkte und Dienstleistungen günstiger und leichter verfügbar zu machen als solche mit hohem CO₂-Ausstoß. Sie fordern auch, mehr in Schutz vor Überschwemmungen und Hitze zu investieren, den Rückzug aus tieferliegenden Küstenregionen zu diskutieren und die Gesellschaft besser über wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimawandel zu informieren.
Quellen: DPG, ExtremWetterKongress, Klimareporter, Tagesschau, PIK-Potsdam, SZ €, Zeit €, IPCC, Zeit €, Zeit €, Saarbrücker Zeitung, DPG